Im Rahmen des Onkologischen Symposiums 2022 gab PD Dr. Melanie Boxberg, München, sowohl einen Überblick über die aktuelle gewebebasierte Biomarkerdiagnostik für die Immuntherapie als auch über potentielle zukünftige Biomarker für den Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren. Diese setzen an der Dysregulation von Immuncheckpoints durch den Tumor an, um die T-Zell-Antwort des Immunsystems zu verbessern und damit das Immunsystem zu befähigen, den Tumor zu bekämpfen.
„Klinische Routine ist hier derzeit die Testung des PD-L1-Status mittels Immunhistochemie und der Mismatch-Reparatur bzw. der Mikrosatelliteninstabilität mittels Immunhistochemie oder molekularer Methoden, weil die Zulassungen verschiedener Checkpoint-Inhibitoren in unterschiedlichen Entitäten diese Diagnostik erfordern. Wir haben aber auch ganz viel Dynamik in der gewebebasierten Biomarkerdiagnostik für die Immuntherapie“, konstatierte Boxberg. Basis der derzeitigen Ansätze der Immuntherapie und ihrer zugehörigen Biomarker sei der Cancer Immunity Cycle [1], der die Reaktion des Immunsystems auf Neoantigene beschreibt, die durch einen Tumor gebildet werden.
Die körpereigene Immunreaktion führt zu einer T-Zell-Reaktion, die eine antitumorale Wirkung zeigt. „Das Immunsystem reagiert auf die Tumor-Antigene. Dabei gibt es Faktoren, die eine die Anti-Tumor-Antwort unterstützende Wirkung haben, und auf der anderen Seite inhibitorische Faktoren, die die Immunreaktion unterdrücken, hemmen und/oder deren Effektivität herabsetzen.“
PD-L1
Zu den Mechanismen, mit denen sich Tumoren der Bekämpfung durch das Immunsystem entziehen bzw. mit denen sie die Immunreaktion unterdrücken können, gehört die Interaktion des „programmed cell death protein 1“(PD-1)-Rezeptors mit seinen Liganden PD-L1 bzw. PD-L2. Eine hohe PD-L1-Expression stellt einen „Escape“-Mechanismus des Tumors vor dem Immunsystem dar und kann auf eine Tumor-induzierte Suppression der T-Zell-vermittelten Immunantwort hindeuten; eine ICI-Therapie ist bei diesen Tumoren potentiell besonders erfolgversprechend.
„Dabei gibt es neben der konstitutiven PD-L1-Expression durch onkogene Signalwege auch die induzierte PD-L1-Expression (in der Mehrzahl der Fälle) wie insbesondere die Interferon-gamma(γ)-Expression, die bewirkt, dass PD-L1 auf den Tumor- und Immunzellen exprimiert wird“, erklärte Boxberg. Diese beiden unterschiedlichen Mechanismen führten dazu, dass im Gewebe eine spatiale Heterogenität vorliegt; außerdem würden differente Expressionsmuster im Verlauf der Progression und zur therapieinduzierten Regulation gefördert.
Trotzdem „funktioniere“ der Biomarker PD-L1, so Boxberg. Er zeige aber kein Schwarz-Weiß-Bild: So könnten positive Fälle ggf. Non-Responder sein, während negative Fälle möglicherweise auf die ICI ansprechen. Dennoch wurde der PD-L1-Status als Biomarker in Metaanalysen als bedeutender signifikanter prädiktiver Faktor bestätigt [2, 3].
So ist auch – aufgrund der derzeitigen Datenlage und des dadurch bedingten aktuellen Zulassungsstatus durch die EMA – in der Klinik die immunhistochemische Bestimmung (IHC) der PD-L1-Expression auf Tumor- und/oder Immunzellen der derzeit am häufigsten analysierte Biomarker im Bereich der ICI.
Am Gewebeschnitt sei die IHC heute als Multiplex-Testung möglich, ebenso wie FISH und CISH, so Boxberg weiter. Als Auswerteverfahren der PD-L1-Expression werden mit dem Tumor Proportion Score (TPS; alleinige Auswertung von Tumorzellen) und dem Combined Positive Score (CPS; berücksichtigt Tumor- und Immunzellen) zwei Zell-Scores und ein Flächen-Score, nämlich der IC-Score, verwendet (Abb. 1).