Gastkommentar: Bedrohung im Nebensatz
Die gegenwärtige SARS-CoV-2-Pandemie weckt böse Erinnerungen an die 1980er-Jahre, als die rasante Ausbreitung von HIV die Welt in Atem hielt. Dieser Erreger hat inzwischen weltweit rund 40 Millionen Menschenleben gefordert, und das Schlimmste daran ist: Ein erheblicher Teil der initialen Infektionen wurde durch verunreinigte Blutprodukte übertragen. Nach internationalen Schätzungen starben allein daran rund 10.000 Menschen.
Die neue Bedrohung durch ein pandemisches Virus wirft natürlich die Frage auf, ob sich eine solche Katastrophe wiederholen könnte, denn auch COVID-19 geht – ähnlich wie die HIV-Infektion – anfangs mit geringen Symptomen einher, sodass erkrankte Blutspender leicht übersehen werden können. In einer vorläufigen Stellungnahme vom 17. März 2020 gab ein Arbeitskreis von BMG und RKI allerdings frühzeitig Entwarnung1: Es gebe aktuell „keine wissenschaftliche Grundlage für die Annahme, dass das SARS-CoV-2 durch Blutprodukte oder Plasmaderivate übertragen werden kann.“
Wir freuen uns, dass Prof. Lutz Gürtler, der sowohl Mitglied dieses Arbeitskreises als auch unseres Fachbeirats ist, diese Entwarnung nun auf der Basis seiner Literaturrecherchen und der Erfahrungen mit anderen respiratorischen Viren bestätigen kann.
Dass die Versorgung mit Blutprodukten durch CoV-2 trotzdem bedroht ist, deutet er in einem Nebensatz an: Durch die Sicherheitsauflagen hat die Zahl der freiwilligen Spender so stark abgenommen, dass es in einigen Regionen Deutschlands bereits zu ernsten Engpässen kommt.
Prof. Dr. Georg Hoffmann