Immunhämatologie - Optimierung einer bewährten Technik

Zurzeit geht die Entwicklung der Geräte und Methoden eher in Richtung Optimierung der bestehenden Testverfahren sowie in die Erweiterung des Sortiments für verschiedene Zielgruppen und Laborgrößen.Die Vollautomaten für die Immunhämatologie bestimmen Blutgruppen und identifizieren eventuell vorhandene irreguläre Antikörper, um vor einer Bluttransfusion die Verträglichkeit des Blutes von Spender und Empfänger sicherzustellen. Da es sich bei den Blutgruppenmerkmalen um charakteristische Antigene und Antikörper handelt, erfolgen alle Nachweise als Antigen-Antikörper-Reaktion. Der gesamte Workflow läuft vollautomatisch ab und ist mit zahlreichen Sicherheitsstufen versehen, um Bluttransfusionen so sicher wie nur möglich zu machen und den gesetzlichen Richtlinien zu entsprechen.

 

Tabellarische Übersicht: Automation in der Immunhämatologie

 

Testprinzip

Das Nachweisverfahren aller hier vertretenen Geräte beruht auf dem Prinzip der Säulenagglutination. Die eigentliche Antigen-Antikörper-Reaktion findet im Kopf eines Säulchens statt, das mit einer von Hersteller zu Hersteller leicht unterschiedlichen Matrix gefüllt ist. Nach einer Inkubationszeit werden die Reaktanden durch Zentrifugation in die Säule gedrückt und wandern nach unten. Wenn eine Agglutination stattgefunden hat, bleibt der Antigen-Antikörper-Komplex im Säulchen hängen; wenn nicht, passieren die Reaktionspartner die Säule und finden sich als Bodensatz am Fuß des Säulchens wieder.
Die Reaktion, hier besonders die Antikörpersuche bzw. -differenzierung, kann in unterschiedlichen Milieus stattfinden, um z. B. bestimmte, verborgene Antigen­rezeptoren freizulegen. Dazu gehören NaCl, Enzym-Behandlung, Coombs-Milieu, Temperaturerhöhung oder auch Verdünnungsstufen der Erythrozytensuspension. Eine der drei Firmen bietet außerdem alle Antigensysteme aus zwei verschiedenen Zelllinien an. Die genauen Details überfordern leider das Platzangebot unserer Tabelle. Aber die Firmen stehen sicher gerne Rede und Antwort.
Bei den verwendeten Probenmaterialien gibt es minimale Unterschiede, aber im Prinzip werden Erythrozyten, Plasma (oder Serum), Zellsuspensionen und Eluate eingesetzt.
 

Prozesseigenschaften

Die Geräteserie eines Anbieters ist Reagenz-offen. Das heißt, es können Reagenzien anderer Hersteller verwendet werden.
Die kleinere Gerätevariante aller Firmen hat bei der Durchführung des Antikörpersuchtests (AKS) einen Probendurchsatz von 50 Proben pro Stunde. Zwei Hersteller präsentieren jeweils zwei Gerätetypen mit unterschiedlichem Probendurchsatz und können dadurch Labore verschiedener Größe gut bedienen; der dritte Hersteller erreicht dies, indem er bis zu vier Geräte in Serie schaltet.
Einen deutlichen Unterschied gibt es noch beim Mindestvolumen für die Bearbeitung. Drei Testsysteme kommen mit einem Minimum von 5 µl aus.
Die beiden in der Tabelle vertretenen Geräteserien verfügen über die Möglichkeit, Messpositionen einzeln anzusteuern.  
 

Automatisierung

Alle hier vertretenen Systeme können Primärgefäße – auch für pädiatrische Proben – verwenden, ein wichtiges Merkmal der Automatisierung. Die Proben-ID wird barcodiert eingelesen. Drei Geräte prüfen den Flüssigkeitsspiegel und identifizieren Gerinnsel, alle erkennen, wenn der Deckel einer Probe nicht entfernt wurde. Bei zweien erfolgt diese Prüfung aktiv, bei dreien indirekt mittels eines Impact- oder Crash-Sensors.
Neben den präanalytischen Prüfungen ist der Bearbeitungsmodus ein wichtiges Kriterium für den Grad der Automation. Alle Geräte können ihre Proben im Random-Access oder im Batch-Modus bearbeiten. Nur eine Geräte-Serie kann auch aktiv „on demand“ zur Bearbeitung einer Probe aufgefordert werden. Notfallpositio­nen stellen alle Geräte bereit.
Auch Hands-on- und Walk-away-Zeiten sind wichtige Kennzahlen der Automation, wobei diese von der Probenkapazität abhängig sind, mit der ein Gerät gleichzeitig bestückt werden kann.
 

Tabellarische Übersicht Automation in der Immunhämatologie

 

Prozesssteuerung/-optimierung

Die beiden Geräteserien in der vorliegenden Tabelle können über eine Middle­ware angesteuert werden. Alle Geräte arbeiten prinzipiell autark mit einer internen Steuerung, aber sie können auch bidirektional an ein Laborinformationssystem (LIS) angeschlossen werden.
Viele LIS-Anbieter verfügen über ein eigenes Modul für Immunhämatologie und Blutdepot. Ein solches LIS wird auf Seite 127 vorgestellt.
Im Portfolio so mancher Hersteller von Vollautomaten gibt es mittlerweile Tools, die mit persönlicher  Beratung für die Prozessoptimierung im Labor verbunden sind.Dafür werden Managementmethoden wie Lean oder KVP (Kontinuierliche Verbesserungsprozesse) angeboten. Das gilt auch für zwei der drei hier vertretenen Firmen.
 

Ausblick

Wie bereits erwähnt, setzen die Firmen derzeit noch auf die Optimierung der bewährten Verfahren. Für die Zukunft ist möglicherweise eine ganz neue Methodik zu erwarten: die molekularbiologische Blutgruppenbestimmung für die Spendertestung mittels Polymerasekettenreaktion (PCR). Mittlerweile sind die Gene aller klinisch relevanten Blutgruppensys­teme sowie Antigene anderer Blutzellen bekannt – und damit die Grundlagen gelegt. Anwendung findet die PCR zur Blutgruppenbestimmung heute schon in der Forensik, wenn beispielsweise keine Erythrozyten zur Verfügung stehen, oder in der Pränataldiagnostik zur Bestimmung von Rhesus-Merkmalen [1]. Die Frage, ob es in Zukunft Automaten für die molekulargenetische Blutgruppenbestimmung geben wird, bleibt spannend.

 

Dr. Gabriele Egert

Mitglied der Redaktion

 

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