Rätselhafte Statistiken

von Prof. Dr. med. Georg Hoffmann

Alles in allem ist Hodenkrebs ein seltener Tumor. Und doch gibt es große Unterschiede in der Inzidenz, die bislang ätiologisch nicht zu erklären sind. Warum haben deutsche Männer, die über 1,95 m groß sind, ein mehr als vierfach höheres Erkrankungsrisiko als ihre Geschlechtsgenossen unter 1,70 m? Warum ist Hoden­krebs in Dänemark und Deutschland mit jährlichen Erkrankungsraten von über 9 pro 100.000 Männer 25 mal häufiger als in Zimbabwe?
An Erklärungsversuchen für diese auffälligen Unterschiede mangelt es nicht. Metaanalysen legen nahe, dass das Hodenkrebsrisiko am ehesten mit dem Human Development Index (HDI) korreliert[1]. In Ländern, die bereits einen hohen Lebensstandard erreicht haben, ist die Inzidenz besonders hoch, steigt aber weniger rasch als im Rest der Welt.
Als mögliche Ursachen stehen Ernährung im Kindesalter und hormonelle Situation der Mutter während der Schwangerschaft im Visier der Forschung, aber der Kausalzusammenhang ist bislang unklar. Auf S. 221 präsentieren wir eine brandneue und sehr viel allgemeinere Stammzell-Theorie der Krebsentstehung, die einen wichtigen Puzzlestein zur Lösung des Rätsels liefern könnte.



[1] Znaor A et al. Eur Urol. 2014; 65(6):1095-106