Reine Preisfrage?
Gastkommentar von Dr. med. Annette Buhlmann
Seit einem halben Jahrhundert werden HLA-Muster bei Organtransplantationen untersucht, in den 1970er-Jahren kamen Autoimmunerkrankungen als weitere Indikation dazu. Seither hat die medizinische HLA-Analytik enorme methodische Fortschritte gemacht – selbstverständlich verbunden mit steigendem Aufwand. Für die frühen serologischen Nachweise benötigte man ein Mikroskop, Mikrotiterplatten und Antiseren sowie eine erfahrene MTA. Ein HLA-Test im A- und B-Locus kostete vor allem Zeit und erbrachte vor zwanzig Jahren noch rund 100 DM Honorar.
Mit der Einführung der PCR nahmen Auflösung und Qualität der HLA-Analytik zu, aber gleichzeitig stiegen die Investitionen in die Zehntausende, ohne dass der Zeitbedarf für Isolation, Amplifikation, Gelelektrophorese und Auswertung abnahm. Was gleich blieb, war die Vergütung: Für eine molekularbiologische HLA-A*- und HLA-B*-Typisierung gab es zehn Jahre später rund 50 Euro.
Inzwischen sind sequenzspezifische Oligonukleotide (SSO) Stand der Technik, um größere Probenzahlen in höherer Auflösung zu analysieren (Investion rund 100.000 Euro), und das Next Generation Sequencing (NGS) steht als notwendige Technologieerweiterung vor der Tür. Die zusätzlichen Hunderttausende aber können nicht viele Labore aufbringen – zumal nun Preisangebote von nur noch 10 Euro pro Locus diskutiert werden.
Auch wenn diese Marktentwicklung unaufhaltsam erscheint, sei eine Warnung erlaubt: Wenn das Überleben kompetenter Labordiagnostik zur reinen Preisfrage wird, sind Einbußen bei der Analysenqualität, Interpretation und Beratung vorgezeichnet. Das sollten wir unter allen Umständen vermeiden.