Automatisierte Perianalytik in der Bakteriologie
Anwenderbericht
Mit der POS/PTS-Anlage von Sarstedt steht ein präanalytisches Automationssystem zur Verfügung, das einen praktikablen Mittelweg zwischen Einzelmodulen und Vollautomation in der Mikrobiologie bietet. Über erste Erfahrungen wird berichtet.
Die LADR GmbH Medizinisches Versorgungszentrum Dr. Kramer und Kollegen in Geesthacht ist das größte und zentrale Labor der LADR Laborgruppe. Es arbeitet als Dienstleister für zahlreiche Kliniken und Arztpraxen sowie für den öffentlichen Gesundheitsdienst.
Bei der Einrichtung eines neuen Labors für die diagnostische Mikrobiologie galt es, den hohen Standard – zum Beispiel Anwendung zahlreicher automatisierter Verfahren – durch eine Verbesserung der Abläufe in der Präanalytik und der Proben-Primärverarbeitung weiter auszubauen. Dabei spielten der Wunsch nach mehr Effizienz und die Qualitätssicherung als oberste Ziele eine große Rolle.
Im Vorfeld der Entscheidung für eine Automation der Probenprimärverarbeitung (Kulturanlage, Präparate, PCR- und ELISAVorbereitung) war es uns vor allem wichtig, die hohe Komplexität der Arbeitsabläufe korrekt abzubilden. Drei Gesichtspunkte seien besonders herausgestellt:
1) In der Mikrobiologie werden höchst unterschiedliche Proben und Probengefäße verarbeitet, zum Beispiel Abstriche, Blutkulturen, Punktate, Sekrete, Biopsien und andere feste und flüssige Körpermaterialien.
2) Der mikrobiologische Arbeitsprozess beinhaltet die Anlage fester und flüssiger Nährböden, die Anfertigung mikroskopischer Präparate, die Belegung von festen Nährböden mit Testplättchen zur vorläufigen Keimdifferenzierung (zum Beispiel Optochin) und für Hemmstofftests. Zusätzlich werden aus den gleichen Materialien Antigennachweise oder Nukleinsäuretestungen mittels PCR und anderen Verfahren durchgeführt.
3) Um Verwechslungen zu minimieren und gezielte Abarbeitungen zu erleichtern, sollten administrative Daten bereits vor Ankunft der Probe im mikrobiologischen Fachlabor erfasst werden und die Einsendescheine dort nicht mehr in Papierform erscheinen.
Voll- oder Teilautomatisierung?
Für die Automatisierung der Primäranalytik in der diagnostischen Mikrobiologie existieren unterschiedliche Varianten. Einige konzentrieren sich auf eine bestimmte Methode – etwa den Ausstrich auf festen Nährböden – und lassen folglich andere Aspekte unberücksichtigt. Gerade bei vollautomatischen Lösungen, die lediglich diesen einen Arbeitsschritt automatisieren, ist das Problem der Inokulation von Präparaten und Flüssignährböden ungelöst. Wird nur ein Teilbereich automatisiert, so muss das gleiche Ausgangsmaterial für eine Probe mehrfach in die Hand genommen werden, wenn beispielsweise aus diesem zusätzlich das Grampräparat oder eine PCR gemacht werden soll. Da dies zu Lasten der Effizienz geht, war die Schlussfolgerung, dass alle Vorbereitungen in einem Arbeitsgang und an einem Arbeitsplatz stattfinden sollten. Im Detail handelt es sich um folgende Verfahren:
• Beimpfung fester Nährböden und Aufbringen der Plättchen
für die Vordifferenzierung
• Beimpfung und Barcodierung der Flüssignährböden
• Barcodierung und Beschickung der Objektträger
• Herstellung der Suspensionen für Antigennachweise
• Herstellung der Suspensionen für die PCR
• Beimpfung der Hemmstofftests
• Beimpfung von Spezialkulturen (zum Beispiel Mykoplasmen)
Ein vollautomatisiertes System, das alle diese Punkte komplett abarbeiten kann, ist derzeit nicht verfügbar. Deshalb fiel die Wahl auf die POS/PTS-Anlage von Sarstedt, die sich auf die Perianalytik fokussiert und die Analytik flexibel bedient.
Workflow der Probenerfassung
Ein wichtiges Ziel war es, den Workflow der Probenerfassung so zu straffen, dass sämtliche administrativen Daten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt vorliegen. Alle Einsendescheine werden deshalb bereits bei Ankunft gescannt, sodass die Informationen bei der Eingabe der mikrobiologischen Verfahren am Bildschirm bereits vorliegen. Die originalen Einsendescheine erscheinen nicht mehr in Papierform im mikrobiologischen Fachlabor.
Integrierte Arbeitsplätze mit automatisierter Logistik
Die Arbeitsplätze wurden so eingerichtet, dass sämtliche oben genannten Aufgaben direkt an der POS/PTS-Anlage erledigt werden können. Das Konzept dieses Systems geht von einer individuellen Anforderung der Nährböden an den jeweiligen Arbeitsplätzen aus.
Zuerst werden die Proben mit einem Barcodeleser erfasst und so die benötigten Platten definiert. Diese werden anschließend vom POS sortiert und etikettiert und vom PTS an den anfordernden Arbeitsplatz transportiert.
Der entscheidende Vorteil dieser Lösung liegt in der flexiblen Zuordnung von Probenmaterial zu einem Arbeitsplatz. Da an verschiedenen Plätzen gleichzeitig angefordert werden kann, ergibt sich eine gleichmäßige Arbeitsverteilung an den Tischen. Sonderetiketten für mikroskopische Präparate oder Flüssignährböden werden an eigenen Arbeitsplatzdruckern ausgegeben. Alle Vorbereitungen für andere Verfahren (zum Beispiel auch Antigennachweise oder PCR-Diagnostik) können am gleichen Arbeitsplatz durchgeführt werden.
Für die Anlage und Vorbereitung der mikrobiologischen Stuhlproben wurden spezielle Stuhlanlagekabinen zum Abfangen der Geruchsbelästigung konstruiert. Die sortierten und barcodierten Nährböden fahren auf dem Förderband direkt in diese Kabinen.
Ziele erreicht
Durch die Umstellung der Probenerfassung stehen dem mikrobiologischen Fachlabor bei Ankunft der Probe die gesamten Daten zur Verfügung. Alle genannten Verfahrensvorbereitungen werden an den integrierten Arbeitsplätzen durchgeführt. Diese sind zusätzlich auch für alle andere Arbeitsschritte in der Mikrobio logie nutzbar.
Die Barcodierung sämtlicher Primärmaterialien ist eine ideale Voraussetzung für alle weiteren mikrobiologischen Verfahren wie Mikroskopie, Kultur, Antigennachweise etc. Durch die konsequente Barcodierung sind Probenverwechslungen bei den Primärmaterialien nahezu ausgeschlossen.
Schließlich ist hervorzuheben, dass der Personalbedarf in der Probenvorbereitung dank kompletter Einbindung aller Verfahren um etwa ein Drittel zurückging. So wurden durch die Automatisierung der Perianalytik die Kosten deutlich gesenkt – und das bei gleichzeitiger Steigerung der Qualität.
Herstellerkontakt:
Sarstedt AG & Co.
Dr. Roland Rest
Autorenkontakt:
LADR GmbH MVZ Dr. Kramer & Kollegen
Dr. Wolfgang Hell