Vom Mikrotoxizitätstest zur Gensequenzierung
Die Komplexität des HLA-Systems spiegelt sich in der Methodenvielfalt wider. Zunehmend werden die serologischen Proteinnachweise durch molekularbiologische Verfahren ergänzt. Am häufigsten kommen heute PCR-basierte Methoden (SSP, SSO) zum Einsatz.
Grundsätzlich unterscheidet man in der HLA-Analytik zwischen phäno- und genotypischen Verfahren. „Phänotypisch“ steht für die Proteinebene und bedeutet, dass man die HLA-Expression auf Zellen bzw. spezifische HLA-Antikörper im Serum nachweist. Die Genotypisierung erfasst dagegen die zugrundeliegende Basensequenz der entsprechenden Gene im MHC-Locus.
Phänotypisierung
Von großer historischer Bedeutung ist der Mikrozytotoxizitätstest nach Terasaki, der die Lyse vitaler Zellen mit bekannten HLA-Mustern durch anti-HLA-Antikörper im Serum von Transplantatempfängern nachweist. Er zeigt an, gegen welche HLA-Moleküle der Patient Antikörper präformiert hat (Panel-Reaktivität) oder im Verlauf nach Transplantation entwickelt.
Wichtiger sind Immunoassays auf Bead- oder ELISA-Basis sowie durchflusszytometrische Bestimmungen von HLA-Subtypen (B27, DR). Ihr größter Vorteil im Vergleich zur Genotypisierung ist der in der Regel geringere Preis.
Genotypisierung
Für die Kreuzprobe vor einer Transplantation gibt es zur Phänotypisierung keine Alternative, während in der Autoimmundiagnostik auch die Genotypisierung zum Einsatz kommen kann. Zur Bestimmung des HLA-Musters ist die Serologie meist nicht ausreichend genau, da v. a. für MHC-Klasse-2-Antigene keine spezifischen Antikörper zur Verfügung stehen. Für die Genotypisierung setzt man mit Abstand am häufigsten PCR-basierte Methoden ein. Mit sequenz-spezifischen Primern (SSP) wird nur dann ein bestimmtes DNA-Fragment amplifiziert, wenn die entsprechende HLA-Sequenz in der Patientenprobe vorhanden ist. Das Verfahren kann auch als Multiplex-PCR mit mehreren SSPs ausgelegt werden.
Bei der PCR-SSO (sequenz-spezifische Oligonukleotide) werden dagegen in einem ersten Schritt größere Teile des MCH-Lokus amplifiziert. Anschließend sucht man in den Amplifikaten mit DNA-Sonden (Oligonukleotiden) nach komplementären Zielsequenzen. Die Sonden können auf Membranen (Line-Blot) oder auf farbkodierten Beads (Luminex-Technologie) fixiert sein. Als Ergebnis erhält man im ersten Fall ein Bandenmuster, das qualitativ oder quantitativ ausgewertet werden kann. Bei der Bead-Technologie werden Fluoreszenzsignale quantitativ gemessen.
DNA-Sequenzierung
In den letzten zehn Jahren nahm die Anzahl neu identifizierter Polymorphismen fast exponentiell zu. Die damit verbundene Komplexität kann man mit den genannten Verfahren kaum noch beherrschen. Deshalb ist zu erwarten, dass für die hochauflösende HLA-Analyse insbesondere bei Stammzelltransplantationen künftig immer häufiger die Gensequenzierung zum Einsatz kommen wird.
Entscheidend für die Gewebsverträglichkeit sind vor allem Polymorphismen, die die äußeren Domänen der Antigenbindung determinieren. Die hierfür bedeutsamen Exons 2 und 3 der Klasse-I-Gene bzw. das Exon 2 der Klasse-II-Gene sind mit ca. 270 Basenpaaren relativ kurz. Die Überlagerung von Polymorphismen erschwert die eindeutige Sequenzierung und erzeugt in 20 bis 40 Prozent der HLA-Bestimmungen zweifelhafte Ergebnisse, sog. Ambiguities. Diese Mehrdeutigkeiten müssen durch weitere Bestimmungen abgeklärt werden, sodass sich die HLA-Typisierung langwierig gestalten kann.
Next Generation Sequencing
Abhilfe bietet die Sequenzierung längerer DNA-Sequenzen. Die neueren Ansätze des Next Generation Sequencing (NGS) bieten hier deutliche Vorteile. Eine Leselänge über 400 Basenpaare reicht aus, um flankierende Intronregionen abzudecken. Entscheidend ist jedoch die Möglichkeit, die einzelnen paternalen oder maternalen DNA-Stränge getrennt voneinander zu sequenzieren, um überlappende Polymorphismen aufzudecken (klonale Sequenzierung). Gleichzeitig hat man so eine zusätzliche intrinsische Qualitätskontrolle, da in einer validen Analyse immer zwei Allele detektiert werden müssen.
Noch steht der Einsatz von NGS für die HLA-Analytik am Anfang, doch er besitzt ein enormes Potenzial für die Immungenetik der Zukunft. Die Hochdurchsatzsequenzierung wird die Sicherheit der Knochenmarkstransplantation weiter verbessern, indem sie das Screening vieler Spender in höchster Auflösung ermöglicht und Zeitverluste vermeiden hilft.
HLA-Tests im Überblick
Die hier beispielhaft vorgestellten Methoden der HLA-Differenzierung reichen von der klassischen Serologie über die PCR bis zur DNA-Sequenzierung. Zwei medizinische Indikationen sind zu unterscheiden:
die Genotypisierung und Antikörperbestimmung für die Transplantation;
der Nachweis einzelner Merkmale im Rahmen der Autoimmundiagnostik.
Olerup bietet für die Transplantationsdiagnostik sowohl PCR (SSP) als auch Sequenzierung (SBT) an. Diese Kombination verbessert die HLA-Typisierung, indem sie Ambiguitäten (Mehrdeutigkeit von PCR-Ergebnissen durch Überlagerung von Polymorphismen) auflöst. Doppelte Absicherung bietet auch die Mast Group in Kooperation mit der Firma Texas BioGene; hervorzuheben ist hier die niedrige Nachweisgrenze des Verfahrens.
Immucor hat als einziges Unternehmen sowohl eine leistungsfähige PCR-Typisierung (SSO) als auch den Antikörpernachweis für die komplette Diagnostik vor und nach Transplantation im Programm.
Unter den krankheitsassoziierten Typen spielt HLA-B*27 im Rahmen der Differenzialdiagnostik eines Morbus Bechterew mengenmäßig die bei Weitem größte Rolle.Attomol ist hier mit einer PCR-Endpunktmethode bzw. zwei Real-time-PCR-Verfahren inklusive Schmelzkurvenanalyse vertreten, die in jedem Labor ohne großen Aufwand etabliert werden können.
Euroimmun bietet neben HLA-B*27 auch HLA-DQ2/DQ8 (mit Subtypen) sowie weitere Assays für die Autoimmundiagnostik und die individualisierte HIV-Therapie (Companion Diagnostics) an; hervorzuheben ist hier der hohe Automationsgrad ohne DNA-Isolierung mit internen Kontrollen für jeden Testschritt.