Der Schwerpunkt dieser Ausgabe von Trillium Krebsmedizin widmet sich relevanten Tumoren des Gastrointestinaltraktes: dem Adenokarzinom des Magens und ösophagogastralen Übergangs, dem Pankreaskarzinom, dem hepatozellulären Karzinom (HCC) und dem Analkarzinom. Übereinstimmend handelt es sich bei diesen Entitäten um seltene Tumorerkrankungen, bei denen – mit Ausnahme des HCC – die Chemotherapie die Standardtherapie darstellt, obwohl sie mit einem begrenzten Nutzen assoziiert ist.
In jüngster Zeit verspürt man aber auch im GI-Bereich den Wind of Change. Molekulare Therapien und Immuntherapien gewinnen immer mehr an Bedeutung, wenngleich die Fortschritte bisher nicht so spektakulär sind wie bei anderen Tumorentitäten.
Beim Magenkarzinom konnte durch den Antikörper Ramucirumab in Kombination mit Paclitaxel Wirksamkeit bei unselektionierten Patienten gezeigt werden. Das Magenkarzinom ist im Übrigen auch der erste GI-Tumor, bei dem eine zielgerichtete Therapie mit einem positiv prädikativen Marker, nämlich HER2, etabliert wurde. In jüngster Zeit richten sich große Hoffnungen auf immunonkologische Ansätze mit Checkpoint-Inhibitoren, die allerdings bisher in randomisierten Studien die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen konnten. Eine EU-Zulassung wird daher nicht erwartet.
Beim Pankreaskarzinom ist die systemische Chemotherapie im metastasierten Setting nach wie vor die Therapie der Wahl. Kombinations-Chemotherapien wie FOLFIRINOX oder Gemcitabin/nab-Paclitaxel gelten international als Erstlinien-Behandlungsstandard, und auch in der Zweitlinie haben sich mit NAPOLI und OFF Chemotherapie-Kombinationen durchgesetzt. Die molekulare Therapie hat – mit Ausnahme von Erlotinib – im unselektionierten Patientengut keine klinisch relevante Wirksamkeit gezeigt.
Ein Durchbruch gelang mit der POLO-Studie, die die Wirksamkeit von PARP-Inhibitoren bei Karzinomen mit BRCA-Keimbahnmutation zeigte. Für selektionierte Patienten könnte demnach eine molekulare Therapie möglich werden, wobei derzeit unklar ist, ob auch Patienten mit somatischen BRCA-Mutationen von PARP-Inhibitoren profitieren. Die Immunonkologie erwies sich bisher als enttäuschend, selbst bei Tumoren mit Mikrosatelliteninstabilität.
Beim Analkarzinom gibt es leider kaum Fortschritte. Molekular-zielgerichtete Therapien zeigten bisher keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Allerdings ruht die Hoffnung auf der Immunonkologie, speziell bei HPV-positiven Tumoren, die besonders immunogen sind.
Durchgreifend verändert hat sich die Therapielandschaft beim HCC. Nachdem Sorafenib über viele Jahre die einzige zugelassene systemische Therapie für den chemoresistenten Tumor darstellte, stehen jetzt mit Lenvatinib und in Kürze mit Atezolizumab/Bevacizumab in der Erstlinie sowie mit Regorafenib, Cabozantinib und Ramucirumab in der Zweitlinie sechs medikamentöse Optionen zur Verfügung. Das ist als echter Fortschritt zu werten, wenngleich nach wie vor ein
hoher Bedarf an neuen Optionen besteht.
Insgesamt sollten wir uns im GI-Bereich daran gewöhnen, dass molekulare Testungen immer wichtiger werden und molekular-basierte Therapien in Zukunft noch weiter an Boden gewinnen werden.