Supportivtherapie: Gegen Selenmangel und entzündete Mundschleimhaut
Mit Natriumselenit-Pentahydrat wurde zum 1. Oktober 2017 ein anorganisches Selenpräparat zur Behandlung eines klinisch nachgewiesenen Selenmangelns in den Handel gebracht. Außerdem wurde die onkologische Supportivtherapie um Ectoin-Mundspüllösung bereichert, die zur Behandlung von Mundtrockenheit und anderen Symptomen einer entzündeten Mundschleimhaut eingesetzt werden kann.
Es gibt es mehrere retrospektive Analysen, die eine Korrelation zwischen niedrigen Selenwerten im Blut und gleichzeitig erhöhter Krebsinzidenz aufgezeigt haben. Allerdings, so Dr. Claudia Löffler, Comprehensive Cancer Center Mainfranken, Würzburg, bleibe unklar, ob es sich um eine Verzerrung wegen einer im Vergleich zur Normalbevölkerung häufigeren Bestimmung des Selenwertes bei Krebspatienten handelt oder ob hier ein erhöhter Bedarf besteht bzw. ein Selenmangel einer von vielen Risikofaktoren sein könnte. Ein Automatismus – „Wenn Krebs, dann Selen“ – ist nicht angezeigt; stattdessen sollte Selen kontrolliert und unter Überwachung der Serumspiegel den Subgruppen zugeführt werden, die profitieren könnten. Ein Selenmangel liegt bei einem Serumspiegel von unter 100 µg/l vor.
Unterschätzt wird nach Aussage von Löffler die Gefahr der Selenose – es sind sogar akute Intoxikationen mit tödlichem Ausgang möglich. Aus Risikogruppen wie Arbeitern in der Elektro- und Glasindustrie weiß man, dass eine Aufnahme von mehr als 3.000 µg Selen pro Tag zu Leberzirrhose, Haarausfall und Herzinsuffizienz führen kann. Leichtere Symptome wie Knoblauchgeruch, Übelkeit und Erbrechen, Erschöpfung und Neuropathien sind bereits ab langfristiger Einnahme von 400 µg/d beschrieben. Als sicher werden bei langfristiger Einnahme 300 µg/d eingestuft. Weil organische Zubereitungen wie Selenocystein zur Akkumulation neigen, empfiehlt Löffler die Verwendung von anorganischen Zubereitungen wie Natriumselenit, das rasch und gut verfügbar ist. Es wird im Dünndarm resorbiert, Überschüsse werden metabolisiert und ausgeschieden, und es besteht keine Akkumulationsgefahr.
Mit Cysel® steht nun ein anorganisches Selen-Präparat zur Verfügung. Das hochdosierte Natriumselenit-Pentahydrat ist verschreibungspflichtig und kann bei Patienten mit Selenmangel, der durch Ernährung nicht behoben werden kann, infundiert, injiziert oder oral in Form von Trinkampullen angewendet werden.
Ectoin bei oraler Mukositis
Patienten, die eine Strahlen- und/oder Chemotherapie erhalten, können in Abhängigkeit vom Therapieregime und der Dosierung als unerwünschte Wirkung an einer oralen Mukositis leiden. Begünstigt wird sie u. a. durch einen schlechten oralen Gesundheitsstatus, mangelhafte Mundhygiene und reduzierten Speichelfluss. Therapie und Prophylaxe sind vor allem auf die Kontrolle der Symptome ausgerichtet.
In Kürze wird Ectomusal®, eine Mundspüllösung zur Behandlung der oralen Mukositis bei Tumortherapie, verfügbar sein. Das Medizinprodukt enthält Ectoin, einen Bestandteil extremophiler Bakterien (z. B. Halomonos elongata), der es diesen ermöglicht, in extremem Milieu zu überleben. Ectoin hat durch die Ausbildung stabiler Wasserstoffbrücken-Bindungen einen hydratisierenden Effekt. Wie Dr. Martina Haibach, Hämatologie und Onkologie der Universitätsklinik Erlangen, erläuterte, schützt es damit Proteine, Enzyme, Nukleinsäuren und Zellmembranen. Ectoin stabilisiert nach Aussage von Haibach Biomoleküle auf physikalischem Weg dadurch, dass es sie durch eine schützende Wasserhülle ummantelt, ihre Struktur stärkt und schädigende Einflüsse minimiert. Die Stabilisierung von Zellmembranen stärkt die Barrierefunktion und führt zu einer Reduktion von Entzündungen.
Ectoin wird seit langem in Kosmetika eingesetzt, beispielsweise in Antifalten- und Feuchtigkeits-Cremes. In Nasen- und Augentropfen wird es z. B. zur Behandlung von allergischer Rhinitis, Rhinokonjunktivitis und trockenen Augen verwendet. In Ectomusal® steht es nun als gebrauchsfertige Mundspüllösung zur Verfügung. Wenn nicht anders verordnet, sollte der Mund mehrmals täglich mit 5–10 ml Lösung gespült werden, wobei darauf zu achten ist, dass die gesamte Mundhöhle benetzt wird. Die Lösung sollte jedoch nicht bei Verletzungen im Mund- und Rachenraum angewendet werden.
Susanne Heinzl
Einführungspressekonferenz Cysel® und Ectomusal® beim DGHO-Kongress am 30.09.2017 in Stuttgart, veranstaltet von Mundipharma GmbH, Limburg.