NSCLC und Urothelkarzinom: erster PD-L1-Inhibitor zugelassen
Der humanisierte monoklonale Antikörper Atezolizumab ist vor Kurzem für zwei Indikationen erstmals zugelassen worden – zum einen zur Therapie des vorbehandelten, fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC), zum anderen für Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom, die nach einer platinhaltigen Chemotherapie progredient sind oder zur Erstlinientherapie, wenn sie nicht für Cisplatin geeignet sind. In beiden Indikationen konnten relevante Ansprechraten und Überlebenszeiten erreicht werden.
Atezolizumab (Tecentriq®) gehört zu einer Gruppe neu entwickelter Antikörper, die den PD-1/PD-L1-Signalübertragungsweg angreifen. PD-L1 ist ein Immuncheckpoint-Protein, das auf Tumorzellen und Tumor-infiltrierenden Immunzellen exprimiert wird. Es bewirkt eine Suppression der Immunantwort von T-Lymphozyten, die PD-1 exprimieren. Atezolizumab blockiert die Bindung zwischen diesen beiden Proteinen und stellt dadurch die Antitumor-Aktivität der
T-Zellen wieder her. „Bemerkenswertes“ Gesamtüberleben
Die Effektivität von Atezolizumab zeigte sich unter anderem bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom in der Erstlinientherapie, die für eine Behandlung mit Cisplatin ungeeignet waren. In der einarmigen Phase-II-Zulassungsstudie IMvigor210 [1] erhielten 119 Patienten mit solchen Tumoren eine oder mehrere Dosen von Atezolizumab alle drei Wochen so lange, bis es zu einer Progression der Erkrankung kam.
Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 17,2 Monaten betrug die Gesamtansprechrate 23%, die komplette Ansprechrate lag bei 9%. Bei 19 von 27 Teilnehmern hielt das Ansprechen zum Auswertungszeitpunkt noch an, sagte Prof. Axel Merseburger, Lübeck. Die mediane Ansprechdauer wurde bislang noch nicht erreicht. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 2,7 Monate und die mediane Gesamtüberlebenszeit 15,9 Monate. Ein Ansprechen auf die Therapie wurde auch von Patienten mit schlechten prognostischen Parametern und von Personen in fortgeschrittenem Alter erzielt.
Wie die Autoren der Studie betonen, sei das Gesamtüberleben von median 15,9 Monaten bemerkenswert, da dieser Endpunkt bei einer Therapie mit Gemcitabin-Carboplatin bei nur 9,3 Monaten liege und bei einem Cisplatin-basierten Regime zwischen 15,2 und 15,8 Monaten. Allerdings zeige die Praxis, dass nur ein Bruchteil der Patienten mit dieser Erkrankung eine Cisplatin-basierte Chemotherapie erhalten könne.
Bei bereits mit Platin vorbehandelten Patienten (Kohorte 2) lag in derStudie die objektive Ansprechrate bei 20% [2]. Auch bei diesen Patienten hielt das Ansprechen lange an: So profitierten 65% derer, die ein Ansprechen gezeigt hatten, nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 21 Monaten weiter von Atezolizumab. Die Daten der Phase-III-Studie IMvigor211 bei bereits vorbehandelten Patienten stimmen mit denen aus der Phase-II-Studie überein und belegen auch die bessere Verträglichkeit von Atezolizumab gegenüber der Chemotherapie (therapiebedingte unerwünschte Ereignisse vom Grad 3/4: 20% vs. 43%; [3]).
NSCLC: Überleben signifikant verlängert
Beim lokal fortgeschrittenen oder metastasierten nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) wurde Atezolizumab nach vorheriger Chemotherapie zugelassen. Bei solchen bereits vorbehandelten Patienten verlängerte der Antikörper in der Phase-III-Zulassungsstudie OAK das mediane Gesamtüberleben gegenüber Docetaxel signifikant um
4,2 Monate (von 9,6 auf 13,8 Monate; [4]). Das ist gleichzeitig das längste Gesamtüberleben, das bislang in dieser Therapiesituation erzielt wurde, erläuterte
Dr. Nikolaj Frost, Berlin.
Der durch Atezolizumab erzielte Überlebensvorteil war unabhängig vom PD-L1-Status: So erreichten Patienten mit einer PD-L1-Expression von ≥ 1% ebenso wie solche mit < 1% PD-L1 eine vergleichbare Reduktion des Mortalitätsrisikos um etwa 25%. In der OAK-Studie sprachen die Patienten median 16,3 Monate lang auf Atezolizumab an – und damit rund zehn Monate länger als auf Docetaxel
(6,2 Monate).
Auch beim fortgeschrittenen NSCLC bestätigte sich die bessere Verträglichkeit des PD-L1-Inhibitors: So lag die Rate an therapiebedingten unerwünschten Ereignissen vom Grad 3/4 unter Atezolizumab bei 15% gegenüber 43% unter Docetaxel.
Ralph Hausmann
Literatur
1. Balar AV et al. Lancet 2017; 389: 67-76.
2. Loriot Y et al. Ann Oncol 2016; 27 (Suppl 6): vi270–vi271 (ESMO 2016, Abstract #783P).
3. Powles T et al. EACR-AACR-SIC 2017 (Special Conference); Abstract #606.
4. Rittmeyer A et al. Lancet 2017; 389: 255-65..
Launch-Pressekonferenz „Zulassung für Tecentriq – Die nächste Generation der Krebsimmuntherapie“ am 04.10.2017 in Frankfurt/Main, veranstaltet von Roche Pharma, Grenzach-Wyhlen.