Krebsimmuntherapie: vielversprechender Ansatz beim Blasenkarzinom
Die Krebsimmuntherapie ist ein vielversprechender neuer therapeutischer Ansatz beispielsweise für das metastasierte Urothelkarzinom. Mit ihr verbindet sich die Hoffnung, Tumorpatienten anhaltend zu stabilisieren und möglicherweise sogar die Erkrankung zu chronifizieren.
Die Krebsimmuntherapie basiert darauf, das körpereigene Immunsystem medikamentös zu beeinflussen und wieder fit zu machen für den Kampf gegen den Tumor, erläuterte Prof. Elfriede Nößner, Helmholtz Zentrum, Institut für Molekulare Immunologie München. Damit ist das körpereigene Immunsystem eine ideale Waffe zur Krebsbekämpfung, so die Wissenschaftlerin. Dass es vor Krebs schützen kann, zeige sich bereits daran, dass Menschen mit geschwächtem Immunsystem ein erhöhtes Krebsrisiko haben.
Der Tumor entzieht sich dem Immunsystem
Immunsystem und Tumorzellen interagieren in einem dynamischen Prozess, erläuterte Nößner. In der frühen Phase der Krebsentstehung sei das Immunsystem noch in der Lage, die Tumorzellen zu eliminieren. Dann folge die Phase der dynamischen Balance, in der es die Tumorzellen zwar nicht mehr eliminieren kann, aber den Organismus in einem stabilen Gleichgewicht hält. In der dritten Phase gelingt es den Tumorzellen, sich dem bereits geschwächten Immunsystem zu entziehen.
Die Immunantwort wird durch sogenannte Checkpoints (Kontrollpunkte) reguliert und gesteuert. Diese Immuncheckpoints nutzt der Tumor in der fortgeschrittenen Phase. Er manipuliert sie, um dem Immunsystem zu entgehen und weiter proliferieren zu können. Mit Checkpoint-Inhibitoren gelingt es, die Mechanismen des Tumors zu unterlaufen und die Kontrolle durch das Immunsystem wiederherzustellen. Die Krebsimmuntherapie ist laut Nößner ein übergeordneter Therapieansatz, der bei verschiedenen Tumorentitäten funktioniert. Trotz noch vieler offener Fragen zeichnen sich jedoch schon jetzt prognostische Vorteile für die Patienten ab.
PD-L1-Hemmung beim Urothelkarzinom effektiv
Ein vielversprechender Ansatz ist laut Nößner beispielsweise die PD-L1-Hemmung. Hier wird das PD-L1-Protein medikamentös blockiert, das bei vielen Tumorentitäten vermehrt exprimiert wird, um das körpereigene Immunsystem auszuschalten. Erfolg versprechende klinische Ergebnisse liegen mit der PD-L1-Hemmung unter anderem beim metastasierten Urothelkarzinom vor.
In einer randomisierten Phase-II-Studie (IMvigor210; [1]) bei Patienten mit fortgeschrittenem bzw. metastasiertem Urothelkarzinom erreichte der PD-L1-Hemmer Atezolizumab bei 46% der bereits mit einer Platin-basierten Therapie vorbehandelten Patienten eine Tumorschrumpfung. Das Ausmaß der Tumorschrumpfung korrelierte mit der Höhe der PD-L1-Expression. Median überlebten die Patienten 7,9 Monate [2]. In einer zweiten Kohorte wurden Patienten, die für eine Platin-Therapie nicht geeignet waren, bereits in der Erstlinie mit Atezolizumab behandelt. Diese Patienten überlebten median 16 Monate bei einer 1-Jahres-Überlebensrate von 57% [3]. Im historischen Vergleich mit der Chemotherapie deuten die Ergebnisse auf eine Verlängerung der medianen Gesamtüberlebenszeit durch die Immuntherapie hin, berichtete PD Dr. med. Günter Niegisch, Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Düsseldorf.
Pathologie gewinnt an Bedeutung
Die PD-L1-Expression ist laut Prof. Glen Kristiansen, Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Bonn, ein wichtiger prädiktiver Marker für das Therapieansprechen auf einen PD-L1-Blocker. PD-L1 wird beim Blasenkarzinom sowohl auf den Tumorzellen als auch auf den Immunzellen exprimiert, aber nur die PD-L1-Expression auf den Immunzellen korreliere beim Blasenkarzinom mit dem An-sprechen, so Kristiansen. Warum nicht alle Blasenkarzinome mit PD-L1-Expression adäquat auf die PD-L1-Hemmung reagieren, müsse weiter untersucht werden.
Vermutlich spielen weitere Faktoren eine Rolle, so zum Beispiel die Infiltration zytotoxischer T-Zellen in den Tumor und/oder die Anzahl an Mutationen im Tumor. Wahrscheinlich verläuft die immunologische Reaktion umso ausgeprägter, je mehr Mutationen vorliegen und je mehr Neoantigene dadurch gebildet werden. Tatsächlich werden zum Beispiel bei Tumoren mit hoher Mutationsdichte deutlich höhere Ansprechraten beobachtet, berichtete Kristiansen. Es bestehe noch viel Forschungsbedarf, und die Pathologie werde dabei immer wichtiger.
Birgit-Kristin Pohlmann
Literatur
1. Balar AV et al. Lancet 2017; 389: 67-76.
2. Loriot et al. ESMO 2016, Abstract #783P.
3. Bellmunt et al. ESMO 2016, Abstract #782PD.
Satellitensymposium und Pressegespräch „What’s hot in mCRC“ anlässlich der DGU-Jahrestagung am 29.09.2016 in Leipzig, unterstützt von Roche AG, Grenzach-Wyhlen.