Anti-CD20-Antikörper bringen die Lymphomtherapie voran
Bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) 2015 hat sich einmal mehr die Dominanz biologischer Therapien über klassische Chemotherapie bestätigt. Die Blockade des CD20-Moleküls auf B-Zell-Lymphomen wird immer spezifischer und bringt zunehmend greifbare und klinisch relevante Vorteile.
Der neue Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab (Gazyvaro) dürfte in Kombination mit Bendamustin (G-B) bei chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) eine vielversprechende Erstlinientherapie werden, so das Fazit der von Professor Dr. Wolfgang Knauf, Frankfurt, vorgestellten Subgruppen-Analyse der einarmigen Phase IIIb-Studie GREEN. Sie evaluiert Sicherheit und Wirksamkeit von Obinutuzumab alleine oder in Kombination mit Bendamustin bei unbehandelter oder rezidivierter/refraktärer CLL in drei Kohorten.
G-B bewirkt bei akzeptablem Sicherheitsprofil ein gutes Ansprechen fast unabhängig vom Fitnessgrad der Patienten. Nicht vorbehandelte Patienten der G-B-Kohorte sprachen zu 78,5% hierauf an bei 32,3% kompletten Remissionen. 58,9% der hierfür evaluierbaren Patienten hatten im Blut keine nachweisbare minimale Resterkrankung (MRD) mehr. Jeweils über 90% der Patienten erhielten von beiden Substanzen mindestens 90% der geplanten Dosis. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) war nach 11,2 Monaten noch nicht erreicht. Ohne Einfluss blieb hierbei der IGHV-Mutationsstatus, Patienten mit einer 17p-Deletion schnitten allerdings deutlich ungünstiger ab. „Die CLL mit 17p-Deletion bleibt die große Herausforderung für die Behandlung dieser Patienten“, resümierte Knauf.
Obinutuzumab auch in anderen Kombinationen vielversprechend
In der dreiarmigen Vergleichsstudie CLL11 hatte sich die substanzielle Überlegenheit der Kombination von Obinutuzumab und Chlorambucil (G-Clb) im Vergleich zu einer Monotherapie mit Chlorambucil (Clb) sowie einer Kombination von Rituximab mit Chlorambucil (R-Clb) bei nicht vorbehandelter chronisch-lymphatischer Leukämie gezeigt. Nun erhärtet sich dieser Trend bei einer – mit etwa 40 Monaten – seit der ersten Publikation im Januar 2014 verdoppelten medianen Beobachtungsdauer, so PD Dr. Valentin Goede, Köln, Mitglied der Deutschen CLL-Studiengruppe.
Bei Bestätigung des bekannten Sicherheitsprofils gibt es nun positive Befunde zum PFS, zum Gesamtüberleben (OS) und zur Zeitdauer bis zu einer neuen Therapie (TTNT). So ist das mediane PFS unter G-Clb mit 31,1 Monaten etwa dreimal länger als unter Clb-Monotherapie (11,1 Monate) und etwa dreimal länger als unter R-Clb. Auch hinsichtlich des Gesamtüberlebens schnitt die Kombination über den gesamten Zeitraum von bis zu 57 Monaten besser ab. Die Zeit bis zu einer erneuten Therapie ist unter G-Clb mit 52,1 Monaten mehr als ein Jahr länger als unter der R-Clb-Kombination. Zudem ergab sich ein „robuster Trend für einen Überlebensvorteil für G-Clb gegenüber R-Clb“, so Goede.
In der Phase-III-Studie CLL14 wird bei älteren und komorbiden Patienten zudem eine Chemotherapie-freie Kombination aus Obinutuzumab mit dem Bcl-2-Hemmer Venetoclax mit dem G-Clb-Regime verglichen. Nach ersten Sicherheitsdaten ist die Kombination bei akzeptabler Toxizität gut wirksam: Daten der ersten zwölf Patienten belegen ein Gesamtansprechen von 92% nach drei und von 100% nach sechs Zyklen. Zudem wurden, wie Goede ergänzte, weder Infusionsreaktionen noch Tumorlyse-Syndrome bobachtet.
Nachweis der minimalen Resterkrankung nach Induktionsphase ist prognostisch bedeutsam
Die MRD hat nach den Daten der GADOLIN-Studie bei vorbehandelten Patienten mit follikulärem Lymphom (FL) offenbar einen hohen prognostischen Wert, wie PD Dr. Christiane Pott aus Kiel erläuterte. Der Phase-III-Vergleich von Obinutuzumab plus Bendamustin (G-B) mit einer Bendamustin-Monotherapie (B) ergab am Ende der Induktionsphase im Blut der Patienten unter der Kombination G-B einen deutlich höheren Prozentsatz an MRD-freien Patienten (81 %) als unter der Bendamustin-Monotherapie (44%). Dies wirkte sich direkt auf das PFS aus: Gegen Ende der Induktion MRD-negative Patienten waren unter der Kombinationstherapie 24 Monate später zu 74% progressionsfrei am Leben (medianes PFS noch nicht erreicht), unter der Monotherapie dagegen nur zu 27% (median 8,5 Monate). Das deute auf einen positiven Effekt des Anti-CD20-Antikörpers auch nach der Induktionsphase hin. Zu Ende der Induktion MRD-positive Patienten schnitten dagegen in beiden Armen mit einem medianen PFS von 164 Tagen (G-B) bzw. 100 Tagen (B) deutlich schlechter ab.
Andreas Häckel
Post-ASH-Pressegespräch „ASH-Update 2015: Neueste klinische Daten zur Lymphomtherapie“ in Frankfurt am Main am 13.01.2016, veranstaltet von Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.