mCRC: Komplexe Therapie­entscheidungen

Entscheidend für die langfristige Prognose von Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom ist der Einsatz des richtigen Medikaments zum richtigen Zeitpunkt, mit anderen Worten: die Therapiesequenz. Dazu wurden bei einem Satellitensymposium im Rahmen des 18th World Congress on Gastrointestinal Cancer in Barcelona interessante Erwägungen angestellt.

Neben den in klinischen Studien erhobenen Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit von Therapien müssen weitere Faktoren berücksichtigt werden, wie Histopathologie, Tumorbiologie, Patientencharakteristika, möglicherweise bereits vorausgegangene Therapien und nicht zuletzt die Wünsche des Patienten. Seit Publikation der neuesten Daten der CALGB-Studie beim ASCO-Kongress rückt auch die Tumorlokalisation – rechtes oder linkes Kolon – stärker in den Vordergrund, so Giuseppe Aprile, Udine. Die Erstlinientherapie wird in der Regel so gewählt, dass man möglichst hohe Ansprechraten erwarten kann. Mit der Wahl wird teilweise auch bereits die weitere Therapie­sequenz festgelegt: So sind nach einer Erstlinientherapie mit Bevacizumab in der Zweitlinie drei antiangiogene Substanzen möglich, nämlich die weitere Gabe von Bevacizumab oder ein Wechsel auf Aflibercept (Zaltrap®) oder Ramucirumab. Für die Therapieentscheidung, so Aprile, spielt die Länge des progressionsfreien Überlebensintervalls (PFS) nach Erstlinientherapie eine Rolle: Ist es länger als 9,4 Monate, so kann man nach den Ergebnissen der NO16966-Studie [1] die Behandlung mit Bevacizumab in der Zweitlinie fortführen oder zu Aflibercept wechseln. War das PFS kürzer als 9,4 Monate, so empfiehlt sich das Festhalten an Bevacizumab nicht, während man beim Wechsel zu Aflibercept den Vorteil eines breiteren antiangiogenen Wirkmechanismus nutzen kann. Die Aktivität von EGFR-Antikörpern nach Bevacizumab ist laut COMETS-Studie reduziert [2], weshalb sie als Folgetherapie nicht zu empfehlen sind.
Hat man die Behandlung hingegen in der Erstlinie mit einem EGFR-Antikörper begonnen, so sind in der Zweitlinie Bevacizumab oder Aflibercept angezeigt. Da Zellen, bei denen der EGFR gehemmt wird, darauf mit der Produktion von Liganden des VEGF-Rezeptors Typ 1 wie VEGF-A und PIGF reagieren, ist deren Hemmung durch Aflibercept die sinnvollere Option, so Aprile; Bevacizumab bindet nur an VEGF. Ramucirumab ist in dieser Situation nicht indiziert, weil es in den Zulassungsstudien ausschließlich bei Patienten mit einer Bevacizumab-Vortherapie untersucht wurde.

Josef Gulden


Literatur
1. Van Cutsem E et al. J Clin Oncol 2012; 30: 3499-3506.
2. Cascinu S et al. J Clin Oncol 2016, 34 (S4; ASCO-GI 2016, Abstract #632).

Satellitensymposium beim World Congress on Gastrointestinal Cancer am 2.7.2016 in Barcelona, unterstützt von Sanofi Genzyme.