Multiples Myelom: Antikörper auf dem Sprung
Die Therapie des multiplen Myeloms macht derzeit wieder einen großen Schritt vorwärts: Zweitgenerations-Proteasominhibitoren, Histondeacetylase-Inhibitoren und monoklonale Antikörper werden neu eingeführt oder stehen kurz vor der Einführung – ohne dass deswegen bewährte zielgerichtete Substanzen der ersten Generation bereits ausgedient hätten.
Eine möglichst tiefe Remission nach der Initialtherapie begünstigt progressionsfreies ebenso wie Gesamtüberleben beim Myelom. In der VISTA-Studie wurden bei älteren Patienten, die nicht für eine autologe Stammzelltransplantation infrage kamen, unter der Therapie mit Bortezomib, Melphalan und Prednison (VMP) signifikant höhere Ansprechraten (p < 0,001) und eine längere Remissionsdauer (median 24,0 vs. 12,8 Monate) als unter MP festgestellt [1]. Auch die Therapie-freie Zeit wurde durch VMP verdoppelt von median 8,4 auf 17,6 Monate. Hier zeigte sich die Bedeutung einer möglichst tiefen Remission: Patienten mit einer Komplettremission unter VMP konnten median 29 Monate lang ohne Therapie leben, diejenigen, die nur eine partielle Remission erreichten, hingegen lediglich 13,9 Monate [2].
Die Zahl der Behandlungszyklen (gemäß Fachinformation können bis zu neun Zyklen VMP gegeben werden) spielt ebenfalls eine Rolle: 28% aller kompletten Remissionen unter VMP wurden nach der 24. Behandlungswoche erzielt [2]. Das zahlte sich auch im Hinblick auf die Überlebensdauer aus: Eine lange Behandlung mit hoher kumulativer Bortezomib-Dosis (≥ 39 mg/m²) verlängerte die mediane Gesamtüberlebenszeit um zehn Monate auf 60,4 Monate (gegenüber lediglich 50,3 Monaten unter einer niedrigeren kumulativen Dosis; HR 0,709; p = 0,0372; [3]).
Daratumumab – gute Wirkung bei stark vorbehandelten Patienten
Etwas verspätet im Vergleich zu den malignen Lymphomen werden nun auch beim multiplen Myelom monoklonale Antikörper in die Therapie eingeführt. Auf Myelomzellen findet man eine ganze Reihe von interessanten Antigenen; gegen zwei von ihnen – CD38 und SLAMF7 – werden derzeit therapeutische Antikörper entwickelt, die in den USA schon zugelassen sind und in Europa kurz davor stehen. Der humane CD38-Antikörper Daratumumab, so PD Dr. Markus Munder, Mainz, wirkt über mindestens drei verschiedene Mechanismen: Neben einem direkten Anti-Tumor-Effekt kommt es zur Immunmodulation sowie zur Aktivierung verschiedener Klassen von Immunzellen gegen die Myelomzellen.
In zwei Phase-II-Studien (GEN501 und SIRIUS) erwies sich Daratumumab in Monotherapie bei stark vorbehandelten Patienten, die überwiegend gegen die letzte Therapie refraktär gewesen waren, als bemerkenswert aktiv und gut verträglich, so Munder [4, 5]. Beim ASH-Kongress im Dezember 2015 in Orlando wurde eine kombinierte Analyse der Ergebnisse von insgesamt 148 Patienten aus diesen beiden Studien vorgestellt, die mit der 16 mg/kg-Dosierung von Daratumumab behandelt worden waren [6]:
Nach median 14,8 Monaten Follow-up hatten 31% der Patienten eine komplette oder partielle Remission und weitere 52% eine geringfügige Remission oder zumindest eine Krankheitsstabilisierung erzielt – für eine Kohorte mit so stark fortgeschrittener und vortherapierter Erkrankung ein bemerkenswertes Ergebnis, so Munder. Nach einem Jahr waren noch 69% der Patienten am Leben, die mediane Überlebenszeit derjenigen, die angesprochen hatten, lag bei 19,9 Monaten. Das Ansprechen war unabhängig von Alter, ISS-Stadium, Zahl der vorangegangenen Therapien und der Tatsache, ob die Patienten refraktär gewesen waren oder nicht.
Derzeit wird Daratumumab in Kombinationstherapien zum Beispiel mit Immunmodulatoren wie Lenalidomid untersucht, mit denen Ansprechraten von 81%, progressionsfreie Überlebensraten von 72% und Überlebensraten von 90% nach 18 Monaten erreicht werden können [7].
Josef Gulden
Literatur
1. San Miguel JF et al. J Clin Oncol 2013; 31: 448-55.Harousseau JL et al. Blood 2010; 116: 3743-50.Mateos MV et al. Am J Hematol 2015; 90: 314-9.Lokhorst HM et al. J Clin Oncol 2014; 32 (15S): (ASCO 2014, Abstract #8513).Lonial S et al. J Clin Oncol 2015; 33 (15S): (ASCO 2014, Abstract #LBA8512).Usmani S et al. ASH 2015, Abstract #29.Plesner T et al. ASH 2015, Abstract #507.Satellitensymposium „Myelomtherapie – Bewährtes bleibt, Neues kommt“ beim 32.
Satellitensymposium „Myelomtherapie – Bewährtes bleibt, Neues kommt“ beim 32. Deutschen Krebskongress am 25.2.2016 in Berlin, unterstützt von Janssen-Cilag GmbH, Neuss.