Leptomeningeale Metastasen: Symptome lindern – Leben verlängern

Eine Meningeosis neoplastica, die diffuse Aussaat neoplastischer Zellen in Liquor und Hirnhäute, ist eine seltene und sehr schwerwiegende Komplikation von Tumorerkrankungen. Sie führt innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tod. Mit intrathekalem liposomalem Cytarabin zusätzlich zur systemischen Therapie kann man eine schnelle Liquor-Sanierung und eine Linderung der vielfältigen und unspezifischen Symptome des Patienten erzielen, vor allem aber seine Lebenszeit signifikant verlängern.

Die Symptome einer leptomeningealen Metastasierung, bei der sich Tumorzellen im Subarachnoidalraum ausbreiten, sind sehr unterschiedlich: Sie reichen von Übelkeit und Erbrechen (22%) und Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen (30%) bis zu Visus-Einschränkungen (20%), Sensibilitätsstörungen (50%), Muskelschwäche oder Blasen- und Mastdarmstörungen und können in unterschiedlichen Kombinationen auftreten. Besonders prädestiniert für eine Meningeosis neoplastica scheinen Patienten mit metastasiertem Mammakarzinom (5–8%), Lungenkarzinom (9–25%) oder malignem Melanom (6–18%) zu sein. Prinzipiell kann jedoch bei fast jedem Tumor eine Meningeose auftreten.

Warum Meningeosis ein Problem ist

Vor allem wegen dieser Symptomvielfalt verzögert sich die Diagnostik oft, erklärte Prof. Tobias Pukrop, Regensburg: Obwohl die Inzidenz wesentlich höher liegen dürfte, wird eine Meningeosis nur bei 5–15% aller Tumorpatienten festgestellt, bei rund 20% der Patienten mit neurologischen Symptomen erst bei der Autopsie. Hinzu kommt: Die Meningeosis entwickelt sich in einem schwer zugänglichen und besonders geschützten, nämlich immunprivilegierten Kompartiment. Bis zu 50% der Patienten leiden zusätzlich an soliden Hirnmetastasen, etwa ein Drittel hat systemische Metastasen außerhalb des ZNS oder einen Progress der primären Neoplasie.
Fazit: Eine Meningeosis verursacht eine Störung der Blut-Lepto-Meningealen Barriere (BLMB) sowie des Lymph­abflusses aus dem Liquor, außerdem eine Veränderung der Motilität von Immunzellen im Liquor, so Pukrop. Daraus resultiert eine Entzündung der Hirnhäute mit schweren Symptomen, kurzer Lebenserwartung, eingeschränkter Lebensqualität und eingeschränkter Therapierbarkeit.
Warnzeichen für eine Meningeosis sind neu auftretende Schmerzsyndrome und/oder neurologische Ausfallerscheinungen, die nicht mit einem einzigen neurologischen Fokus erklärbar sind, beispielsweise Hirnnervenparesen plus radikuläre Zeichen plus Kopfschmerz oder ein organisches Psychosyndrom.
Die Diagnostik basiert hauptsächlich auf der Kernspintomografie (Schädel/Wirbelsäule) mit Kontrastmittel. Das zweite wichtige Standbein ist die Punktion des Liquors mit dem Nachweis von Krebszellen, erklärte Pukrop.

Respektable Therapieerfolge sind möglich

Ohne Behandlung liegt die mediane Überlebenszeit dieser schweren Komplikation einer Tumorerkrankung bei sechs bis acht Wochen. Eine interdisziplinäre Therapie hingegen verbessert das mediane Überleben auf zwei bis acht Monate, in Einzelfällen auf über ein Jahr, und lindert gleichzeitig die Symptome: Mit einer intrathekalen Injektion von liposomalem Cytarabin (DepoCyte®, 50 mg alle zwei Wochen). Dank der langen Halbwertszeit von 141 Stunden verteilt es sich kontinuierlich und gleichmäßig im gesamten Liquorraum. Seine Wirksamkeit ist deutlich besser als die von freiem Cytarabin (5–30 mg/m2 alle vier Tage, Halbwertszeit 3,4 Stunden) und auch von Metho­trexat (12–15 mg zwei- bis dreimal pro Woche, Halbwertszeit 4,5 Stunden), wie sie zur Prophylaxe und Behandlung von Meningeosis leucaemia eingesetzt werden.
DepoCyte® besteht aus mikroskopisch kleinen, lipidbasierten Partikeln und enthält eine wässrige Cytarabin-Lösung. Seine Verträglichkeit ist gut, eventuell auftretende Kopfschmerzen lassen sich mit Paracetamol in Standarddosierung gut behandeln. Zur Vermeidung einer Arachnoiditis empfiehlt sich eine Begleittherapie mit Dexamethason (2 x 4 mg/d oral oder i. v. von Tag 1–5 beginnend mit jeder DepoCyte®-Gabe). Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln wurden nicht festgestellt.
Pukrop plädiert dafür, die Patienten besser zu identifizieren und mehr auf ihre Bedürfnisse und Wünsche einzugehen. Denn mit früher Diagnostik und raschem Therapiebeginn erzielt man nicht nur einen besseren Behandlungserfolg und eine längerfristige Krankheitsstabilisierung, sondern vermeidet auch irreversible neurologische Schäden.

Helga Vollmer


31. Münchner Fachpresse-Workshop „Supportive Therapie und Onkologie“: „Leptomeningeale Metastasen – Diagnostik und Therapie“, 30.9.2015 in München, veranstaltet von Mundipharma GmbH, Limburg.