Um die Entwicklung der letzten Jahre in der Therapie des malignen Melanoms richtig würdigen zu können, muss man sich in Erinnerung rufen, dass zwischen 1975 (Zulassung von Dacarbazin) und 2011 weltweit kein neues Medikament für diesen Tumor zugelassen worden ist, so Carola Berking, München. Die Entdeckung, dass etwa die Hälfte der Melanome eine Mutation im Gen für die BRAF-Kinase aufweist, hat dann die Entwicklung von BRAF-Inhibitoren stimuliert, mit denen sich diese Untergruppe von Patienten sehr wirksam behandeln lässt.

Der erste dieser oral verfügbaren Inhibitoren, Vemurafenib, wurde im Jahr 2011 in den USA und 2012 in Europa zugelassen, und für den zweiten, das Dabrafenib (Tafinlar®), wurden im gleichen Jahr die ersten Daten aus der Phase-III-Studie BREAK-3 publiziert, in der Dabrafenib mit einer Ansprechrate von 53% dem Dacarbazin mit 19% deutlich überlegen war [1]. Beim ASCO-Kongress 2012 wurde dann über eine mehr als doppelt so hohe Ansprechrate unter Dabrafenib (59% vs. 24%) sowie über ein mehr als doppelt so langes progressionsfreies Überleben berichtet (median 6,9 gegenüber 2,7 Monate; Hazard Ratio 0,37; p < 0,0001, [2]). Beim Gesamtüberleben war der Unterschied mit median 18,2 vs. 15,6 Monaten nicht si­gnifikant; der Grund dafür ist sehr wahrscheinlich, so Frau Berking, dass in der BREAK-3-Studie von anfang an die Möglichkeit zum Crossover vom Kon­troll- in den Dabrafenib-Arm bestand, die von 57% der Patienten auch wahrgenommen wurde. Bei der Tagung der Society of Melanoma Research in Zürich im Herbst 2014 wurde eine aktualisierte Auswertung nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 17,2 Monaten vorgestellt [3], bei der der Vorsprung von Dabrafenib gegenüber Dacarbazin immerhin fast fünf Monate betrug (median 20,1 vs. 15,6 Monate; HR 0,81); er war wiederum nicht signifikant, denn mittlerweile hatten 59% der Patienten aus dem Dacarbazin-Arm Dabrafenib erhalten. Die 3-Jahresüberlebensrate für Dabrafenib lag bei 31%.
Dabrafenib wirkt auch auf Hirnmetastasen: In die Phase-II-Studie BREAK-MB wurden 172 Patienten eingeschlossen, von denen etwa die Hälfte bereits eine lokale Vorbehandlung ihrer aggressiven zerebralen Metastasen erfahren hatte [4]. Die intrakraniellen Ansprechraten waren identisch mit den systemischen Gesamtansprechraten, und die Werte beim progressionsfreien (etwa 16 Wochen) ebenso wie beim Gesamtüberleben (31 bis 33 Wochen) waren unabhängig davon, ob die Hirnfiliae bereits vorbehandelt worden waren oder nicht.
Aktuelle Herausforderungen der Melanomtherapie sind laut Frau Berking:
- Der Umgang mit Resistenzen, die bei den BRAF-Inhibitoren in Monotherapie relativ rasch auftreten können. Um solche Resistenzen zu verhindern, befinden sich derzeit MEK-Inhibitoren in der klinischen Entwicklung, die nicht nur ein längeres Ansprechen erlauben, sondern auch die Entwicklung der bei BRAF-Inhibition relativ häufig auftretenden Nicht-Melanom-Hauttumoren verhindern können.
- Die Frage, ob ein Patient mit BRAF-mutiertem Melanom zuerst einen BRAF-Inhibitor oder eine Immuntherapie erhält, wird häufig anhand der Tumorlast und bestehender Symptome beantwortet: Immuntherapien, zumindest das bisher verfügbare Ipilimumab, brauchen relativ lange, um ein Ansprechen hervorzurufen. Deshalb wird für eine solche Behandlung meist eine Mindestüberlebenszeit von drei Monaten vorausgesetzt. Patienten mit großen, eventuell stark symptomatischen Tumoren benötigen stattdessen eine rasche Entlastung, die viel eher mit einem BRAF-Inhibitor erreichbar ist.
- Therapiekombinationen, nicht nur mit MEK-Inhibitoren, sondern auch mit neuen Klassen von Substanzen wie Inhibitoren der Phosphoinositol-3-Kinase (PI3K), des Rezeptors für Fibroblastenwachstumsfaktor (FGFR), des MET-Onkoproteins und anderer Zielstrukturen sind in der Entwicklung und werden sehr wahrscheinlich die Melanom-Therapie in absehbarer Zeit weiter bereichern.
- Schließlich ist im Hinblick auf die Lebensqualität der Patienten auch die Toxizität ein Auswahlkriterium, so Frau Berking: Die beiden verfügbaren BRAF-Inhibitoren haben unterschiedliche Nebenwirkungsspektren (Tabelle 1), d. h. wenn ein Patient bei einer Substanz erhebliche Probleme entwickelt, kann man ihn auf die andere umsetzen.

Tabelle 1: Vergleich der Toxizitäten der verfügbaren BRAF-Inhibitoren.

 

Josef Gulden

 

Literatur
1. Hauschild A et al. Dabrafenib in BRAF-mutated metastatic melanoma: a multicentre, open-label, phase 3 randomised controlled trial. Lancet 2012; 380: 358-65.
2. Hauschild A et al. An update on BREAK-3, a phase III, randomized trial: Dabrafenib (DAB) versus dacarbazine (DTIC) in patients with BRAF V600E-positive mutation metastatic melanoma (MM). J Clin Oncol 2013; 31 (15S): 551s (ASCO 2013, Abstract #9013).
3. Grob JJ et al. An update on overall survival (OS) and follow-on therapies in BREAK-3, a Phase III, randomized trial: dabrafenib (D) vs dacarbazine (DTIC) in patients (pts) with BRAF V600E mutation-positive metastatic melanoma. SMR 2014, Late Breaking Abstract.
4. Long GV et al. Dabrafenib in patients with Val600Glu or Val600Lys BRAF-mutant melanoma metastatic to the brain (BREAK-MB): A multicentre, open-label, phase 2 trial. Lancet Oncol 2012; 13: 1087-95.
5. Chapman PB et al. Improved survival with vemurafenib in melanoma with BRAF V600E mutation. N Engl J Med 2011; 364: 2507-16.

Münchener Fachpresse-Workshop „Update vom Melanom-Kongress und vom ASH“ am 18. Dezember 2014 in München, unterstützt von
GlaxoSmithKline GmbH & Co., München.