SABCS 2014
Auch wenn beim Mammakarzinom – wie in der gesamten Onkologie - zunehmend die zielgerichteten Substanzen und die daraus resultierenden Therapieansätze im Fokus des Interesses stehen, bleiben die endokrine Therapie und die Chemotherapie wichtige Therapiebausteine. Das bestätigte sich auch auf dem letzten San Antonio Breast Cancer Symposium im Dezember 2014. Zu den Highlights mit potentieller klinischer Relevanz beim frühen Mammakarzinom zählten die Daten der SOFT-Studie zur ovariellen Suppression bei prämenopausalen Patientinnen sowie die Ergebnisse der neoadjuvanten GeparSepto-Studie der German Breast Group.
Beim frühen Mammakarzinom stand die systemische Therapie klar im Vordergrund. Der lokoregionären Behandlung kam nur eine untergeordnete Rolle zu. Ein immer wieder diskutierter Punkt ist gleichwohl die Frage, ob Patientinnen mit duktalem carcinoma in situ (DCIS) nach brusterhaltender Operation tatsächlich eine adjuvante Strahlentherapie benötigen oder nicht. Bislang gibt es keine Möglichkeit, DCIS-Patientinnen im Vorfeld zu identifizieren, bei denen auf die adjuvante Bestrahlung verzichtet werden kann, ohne ein erhöhtes lokales Risiko für ein DCIS-Rezidiv oder ein invasives Karzinom in Kauf zu nehmen.
DCIS-Recurrence-Score weiter validieren
Eine kanadische Studiengruppe stellte vor diesem Hintergrund einen DCIS-Recurrence-Score vor (Abstract #S5-04). Der modifizierte Oncotype DX-Test, der im Rahmen einer Populations-basierten Validierungsstudie eingesetzt wurde, konnte nicht überzeugen, so E. Rakovitch, Toronto. Zwar eignet sich der DCIS-Score für eine Risikostratifizierung der DCIS-Patientinnen nach brusterhaltender Operation, die lokale Rezidivrate lag jedoch in der Niedrigrisiko-Gruppe mit 12,7% inakzeptabel hoch und rechtfertigt es daher nicht, auf eine adjuvante Bestrahlung zu verzichten.
SOFT: OFS für prämenopausale Patientinnen bei erhöhtem Rezidivrisiko?
Zu den Studiendaten mit potenzieller klinischer Relevanz gehören die Ergebnisse der SOFT-Studie (Abstract #S3-08), die P. Francis vorstellte. In der 3-armigen Studie wurde bei über 3.000 prämenopausalen Patientinnen mit Hormonrezeptor(HR)-positivem frühem Mammakarzinom der Stellenwert einer ovariellen Suppression (OFS: Ovarian Function Suppression) untersucht, die zusätzlich zur adjuvanten endokrinen Behandlung mit entweder Tamoxifen oder dem Aromatasehemmer Exemestan gegeben wurde. Im Kontrollarm erhielten die Patientinnen nur Tamoxifen. Primärer Endpunkt war der Vergleich Tamoxifen versus Tamoxifen/OFS hinsichtlich krankheitsfreier Überlebenszeit (DFS). Mit gut 2.000 Patientinnen in diesen beiden Studienarmen und einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,6 Jahren ist SOFT die größte Studie zu dieser Fragestellung.
Für die Gesamtpopulation zeigte sich beim DFS kein Vorteil für die zusätzliche adjuvante OFS (p = 0,10), wohl aber bei der Brustkrebs-spezifischen Rezidivrate. Die zusätzliche OFS reduzierte hier in Kombination mit Tamoxifen das relative Risiko um 19% (p = 0,09) und in Kombination mit dem Aromatasehemmer um 36% (ohne p-Wert-Angabe), jeweils gegenüber Tamoxifen alleine. Im Rahmen der Subgruppenauswertungen zeigte sich, dass die Patientinnen mit vorangegangener Chemotherapie (53%) sowie die sehr jungen Patientinnen (< 35 Jahre (11,5%); diese hatten zu 94% eine Chemotherapie erhalten) von der zusätzlichen OFS profitierten. Die Autoren sehen daher in der zusätzlichen OFS eine potenzielle Option für Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko, zum Beispiel mit einer Indikation zur Chemotherapie sowie für sehr junge Frauen. Dem Wirksamkeitsvorteil steht allerdings eine erhöhte Nebenwirkungsrate gegenüber. Des Weiteren liegen noch keine Überlebensdaten und keine Langzeitdaten zum Nebenwirkungsrisiko, zum Beispiel dem Osteoporose- oder dem kardiovaskulären Risiko vor. Unklar ist auch die optimale Dauer der OFS – in der Studie war sie fünf Jahre lang durchgeführt worden.
Bei Patientinnen ohne Chemotherapie-Indikation zeigte die zusätzliche OFS keinen prognostischen Vorteil. Die Brustkrebs-spezifische Prognose dieser Patientinnen war in allen drei Armen sehr gut: Nach fünf Jahren waren jeweils noch über 95% der Patientinnen ohne Brustkrebs-Rezidiv.
Lobuläres Mammakarzinom profitiert von Aromatasehemmer
In der österreichischen ABCSG 8-Studie (Abstract #S2-06) wurde bei über 3.700 Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem frühem Mammakarzinom und niedrigem bzw. intermediärem Risiko die adjuvante 5-jährige Tamoxifen-Gabe mit der Sequenz aus zwei Jahren Tamoxifen, gefolgt von drei Jahren Anastrozol, verglichen. Die aktuellen Ergebnisse einer – allerdings nicht geplanten – retrospektiven Subgruppenanalyse, so M. Knauer, St. Gallen, weisen auf Unterschiede im Therapieansprechen in Abhängigkeit vom molekularen Subtyp hin. Die Subgruppenanalyse basiert auf 1.478 Patientinnen, von denen 270 ein invasives lobuläres und 1.085 ein invasives duktales Mammakarzinom hatten. Die Patientinnen mit lobulärem Mammakarzinom profitierten von der Sequenz aus Tamoxifen/Aromatasehemmer stärker als von Tamoxifen alleine. Das Ergebnis unterstreicht insofern, dass Patientinnen mit lobulärem Mammakarzinom besonders gut von einer Aromatasehemmer-Therapie profitieren und ist konsistent mit den Daten der BIG1-98-Studie, in der allerdings fünf Jahre Tamoxifen mit fünf Jahren Aromatasehemmer (Letrozol) verglichen wurden. Aus den aktuellen Daten lässt sich schlussfolgern, dass möglicherweise bereits ein sequenzieller Einsatz des Aromatasehemmers bei besagten Patientinnen ausreicht und der Aromatasehemmer nicht zwingend über fünf Jahre gegeben werden muss. Fraglich scheint die Praxisrelevanz der weiteren Daten zur molekularen Subtypisierung, wonach Patientinnen mit lobulärem Mammakarzinom vom Luminal B-Typ besonders deutlich von der Sequenz Tamoxifen/Aromatasehemmer profitieren, während es beim duktalen Mammakarzinom insbesondere die Luminal A-Mammakarzinome waren. Diese Ergebnisse basieren auf kleinen Fallzahlen und stehen im Widerspruch zu den BIG 1-98-Daten.
GepaSepto: hohe pCR-Rate mit nab-Paclitaxel, speziell beim TNBC
In der deutschen GeparSepto-Studie (Abstract #S2-07) erreichte die neo-adjuvante Chemotherapie mit nab-Paclitaxel im direkten Vergleich mit konventionellem Paclitaxel, jeweils gefolgt von vier Zyklen Epirubicin/Cyclophosphamid (EC), eine signifikant höhere Rate an pathologischen Komplettremissionen (pCR: 38% vs. 29%; Odds Ratio 1,53; p = 0,001). Die pCR war streng definiert als fehlende residuelle Tumorreste, invasiv wie nicht-invasiv, in Brust und Axilla (ypT0 ypN0), so Michael Untch, Berlin-Buch. Der Vorteil bei der pCR-Rate zeigte sich unabhängig vom Hormonrezeptor(HR)- und HER2-Status des Mammakarzinoms. Besonders deutlich profitierten jedoch die Patientinnen mit den sehr Chemotherapie-sensiblen Karzinomen, zu denen die HR-negativen und insbesondere die tripel-negativen Mammakarzinome (TNBC) zählen. Bei den TNBC-Patientinnen lag die pCR-Rate mit 48,2% unter nab-Paclitaxel fast doppelt so hoch wie im Kontrollarm (48,2% vs. 25,7%; OR 2,69; p < 0,001).
Beide Taxane wurden in GeparSepto wöchentlich dosiert. Die initiale nab-Paclitaxel-Dosis von 150mg/m² pro Woche wurde wegen Nebenwirkungen nach den ersten 400 Patientinnen auf 125 mg/m² pro Woche reduziert. Sie lag damit immer noch höher als die wöchentliche Dosis des konventionellen Paclitaxels mit 80mg/m² und Woche. Dies erklärt die etwas höhere Nebenwirkungsrate unter nab-Paclitaxel. Die initial höhere Rate an peripheren sensorischen Neuropathien vom Grad 3/4 im nab-Paclitaxel-Arm ließ sich durch die Dosisreduktion auf 125 mg/m² und Woche deutlich senken und lag mit 5,7% im Bereich des konventionellen Paclitaxels (5,3%), wie eine separate Analyse zeigte.
Die Studie bestätigt nab-Paclitaxel als wirksame Substanz, insbesondere für Patientinnen mit TNBC. Da nab-Paclitaxel derzeit nur für die Behand-lung des metastasierten Mammakarzinoms zugelassen ist, haben die Ergebnisse noch keinen unmittelbaren Einfluss auf den klinischen Alltag. Dennoch setzt die Studie ein positives Zeichen, da die pCR-Rate als Surrogatmarker für eine höhere Heilungschance gilt.
10-Jahres-Update der E1199-Studie
tungszeit von mittlerweile 12,1 Jahren stellte die US-amerikanische Studiengruppe um J. Sparano, Bronx, ein Update der randomisierten Phase-III-Studie E1199 (Abstract #S3-03) bei Patientinnen mit frühem Mammakarzinom (Stadium IIA/IIIB) vor. In einem 2x2-faktoriellen Design wurde die adjuvante Behandlung mit vier Zyklen Doxorubicin/Cyclophosphamid (AC) gefolgt von Paclitaxel versus Docetaxel, jeweils in wöchentlicher versus dreiwöchentlicher Dosierung verglichen. Die aktuellen Daten bestätigen die Ergebnisse der primären Analyse, wonach die wöchentliche Paclitaxel-Gabe der dreiwöchentlichen Gabe überlegen ist. Umgekehrt ist die dreiwöchentliche Docetaxel-Gabe effektiver als die wöchentliche. Insgesamt sind die Unterschiede im Zeitablauf etwas kleiner geworden, was sich sowohl beim krankheitsfreien als auch beim Gesamtüberleben in einer etwas schwächeren Hazard Ratio niederschlägt. Die retrospektive und nicht geplante Subgruppenanalyse weist die wöchentliche Paclitaxel-Gabe beim TNBC als wirksamste Taxan-Gabe sowohl beim DFS als auch Gesamtüberleben aus.
ICE-Studie: Brauchen ältere Patientinnen eine adjuvante Chemotherapie?
Neben GeparSepto ist die ICE-Studie die zweite Studie aus Deutschland, die in einer „oral presentation“ vorgestellt wurde (Abstract #S3-04): Ältere Patientinnen (≥ 65 Jahre) mit frühem Mammakarzinom – mit und ohne Lymphknotenbefall – wurden adjuvant mit Ibandronat (über zwei Jahre) mit oder ohne sechs Zyklen Capecitabin behandelt, so Gunter von Minckwitz, Neu-Isenburg. Ibandronat konnte oral oder als Infusion verabreicht werden. Die HR-positiven Patientinnen (~81%) erhielten zusätzlich eine endokrine Therapie, davon über70% einen Aromatasehemmer. Weder beim DFS noch beim Gesamtüberleben zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen beiden Studienarmen bei einer insgesamt sehr guten Prognose: Nach fünf Jahren waren im Kombinationsarm noch 90,1% der Patientinnen am Leben im Vergleich zu 87,6% unter Bisphosphonat-Gabe. Offen bleibt, ob bei älteren Patientinnen auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet werden kann, denn in einer früheren Studie bei ebenfalls älteren Patientinnen war die adjuvante Capecitabin-Behandlung dem CMF-Regime bzw. der Zweierkombination AC (Doxorubicin/Cyclophosphamid) klar unterlegen gewesen. Bei Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom stellt sich zudem die Frage, ob der Therapieeffekt nicht primär der endokrinen Behandlung geschuldet ist.
Birgit-Kristin Pohlmann