Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms

SABCS 2014

Bei der Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms gab es – wie schon in der (neo)adjuvanten Situation – interessante Daten zum tripel-negativen Mammakarzinom (TNBC), die den Stellenwert von Carboplatin als wirksame Therapieoption für diese Patientinnen unterstreichen. Fulvestrant erwies sich in der höheren 500mg/m²-Dosierung erneut als wirksame Option für Patientinnen mit Hormonrezeptor(HR)-positiven Tumoren, während sich der Stellenwert von Everolimus beim HER2-positiven metastasierten Mammakarzinom nicht bestätigen ließ. Darüber hinaus befinden sich zahlreiche innovative Substanzen in der klinischen Prüfung.

Der Stellenwert der Platin-Derivate beim TNBC ist immer wieder ein Dis-kussionspunkt und konnte bislang nicht abschließend geklärt werden. In der randomisierten Phase-III-Studie TNT (Abstract #S3-01) wurde jetzt erstmals bei Patientinnen mit metastasiertem TNBC, darunter etwa 15% BRCA1/2-mutierte Patientinnen, eine Monotherapie mit Carboplatin (AUC 6) versus Docetaxel (100 mg/m²), jeweils alle drei Wochen, verglichen. Bei einer hohen Dosisintensität in beiden Studienarmen von jeweils über 93%, erwies sich Carboplatin als wirksam, so A. Tutt, London. Etwas ungewöhnlich ist der primäre Studienendpunkt, als der das Therapieansprechen und nicht die progressionsfreie (PFS) oder Gesamtüberlebenszeit definiert wurde. Gleichwohl war das Therapieansprechen für das Gesamtkollektiv in beiden Studienarmen mit jeweils über 30% nahezu identisch (p = 0,44). Ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zeigten sich beim progressionsfreien bzw. Gesamtüberleben (p = 0,29 bzw. p = 0,31).

Carboplatin für BRCA1/2-mutierte Patientinnen mit TNBC?

Von den Patientinnen mit zusätzlicher BRCA1/2-Keimbahnmutation sprachen dagegen doppelt so viele auf die Carboplatin-Monotherapie an wie auf Docetaxel (68% vs. 33,3%; p=0,03), während sich bei den Patientinnen ohne BRCA1/2-Mutation ein tendenziell besseres Ansprechen unter Docetaxel zeigte (36,6% vs. 28,1%). Das mediane PFS war bei den Patientinnen mit Mutation im Carboplatin-Arm mit 6,8 Monaten mehr als doppelt so lang wie bei den Wildtyp-Patientinnen mit 3,1 Monaten. Im Docetaxel-Arm war das mediane PFS dagegen für beide Gruppen vergleichbar (4,8 bzw. 4,6 Monate). Bislang zeigte sich kein Überlebensvorteil für die mit Platin behandelten Patientinnen.
Insgesamt bestätigen die Daten, dass Carboplatin beim metastasierten TNBC eine wirksame Substanz ist und speziell bei BRCA1/2-mutierten Patientinnen eine vergleichsweise hohe Wirksamkeit zu haben scheint. Doch auch für die Patientinnen mit nicht BRCA1/2-mutiertem TNBC ist Carboplatin nach diesen Daten eine Option, denn die Substanz ist in der Regel besser verträglich als Docetaxel. So war in der TNT-Studie im Studienverlauf ein Amendement notwendig, durch das im Docetaxel-Arm der primär prophylaktische Einsatz von G-CSF obligat vorgeschrieben wurde. Für den klinischen Alltag stellt sich die Frage, ob eine routinemäßige BRCA1/2-Testung beim TNBC sinnvoll ist.

Phase-II-Daten bestätigen Fulvestrant als wirksame Therapieoption

Für die Behandlung von postmenopausalen Patientinnen mit metastasiertem HR-positivem Mammakarzinom konnte die Wirksamkeit von Fulve-strant in der höheren Dosierung von 500 mg/m² bestätigt werden. Zu beachten ist, dass die Daten zwar unter randomisierten Bedingungen im direkten Vergleich mit Anastrozol erhoben wurden, aber auf einer randomisierten Phase-II-Studie basieren. In der FIRST-Studie (Abstract #S6-04), die von
J. Robertson, Nottingham, vorgestellt wurde, überlebten postmenopausale Patientinnen mit metastasiertem HR-positivem Mammakarzinom unter First-line-Behandlung mit 500 mg Fulvestrant median deutlich länger als mit Anastrozol (54,1 vs. 48,4 Monate; HR 0,70; p = 0,041). Zu bedenken ist aber, dass die Gesamtüberlebenszeit in der FIRST-Studie nur ein sekundärer Endpunkt war. Die Ergebnisse passen zu den Daten, die bislang von Fulvestrant bekannt sind, wonach die höhere
500 mg-Dosierung wirksamer ist als die 250 mg-Dosis. Dennoch stellt sich die Frage, ob man nicht erst noch die Ergebnisse der derzeit laufenden Phase III-Studie FALCON abwarten muss, bevor man weitergehende Schlussfolgerungen zieht.

Bolero-1: Primärer Endpunkt nicht erreicht

In der randomisierten Phase-III-Studie Bolero-1 mit über 700 Patientinnen mit metastasiertem HER-positivem Mammakarzinom (Abstract #S6-01) wurde der primäre Endpunkt nicht erreicht. In der Studie ging es um den Stellenwert des mTOR-Inhibitors Everolimus beim HER2-positiven Mammakarzinom. Everolimus wurde im experimentellen Arm zusätzlich zu Paclitaxel und Trastuzumab eingesetzt. Beim primären Endpunkt – dem durch die Prüfärzte ausgewerteten PFS – wurde durch die zusätzliche Behandlung mit Everolimus keine signifikante Verlängerung erreicht, so S. Hurvitz, Los Angeles (p = 0,1166). Zwar zeigte sich in der Subgruppe der HR-negativen Patientinnen ein klarer medianer PFS-Vorteil zugunsten der First-line-Behandlung mit Everolimus plus Paclitaxel/Trastuzumab gegenüber Paclitaxel/Trastuzumab allein (20,27 vs. 13,08 Monate), doch der statistisch vorgegebene p-Wert von 0,0044 wurde mit p = 0,0049 nicht erreicht.
Unabhängig vom Ergebnis ist die Bolero-1-Studie mittlerweile durch andere Therapiekonzepte überholt. Biologischer Hintergrund von Bolero-1 war, durch die Blockade des PI3K-Signalweges, zusätzlich zur anti-HER2-Therapie gegeben, eine mögliche Therapieresistenz gegen diese zu überwinden. Diese Hoffnung hat sich in dieser Studie nicht erfüllt. Ob dies ein zielführender Ansatz, zum Beispiel bei PIK3CA-mutierten Patientinnen ist, müssen weitere klinische Studie zeigen.

Vielversprechender Ansatz: Immuntherapie beim Mammakarzinom

Derzeit befinden sich neue innovative Substanzen in der klinischen Entwicklung zur Behandlung des (metastasierten) Mammakarzinoms, zu denen in San Antonio erste Ergebnisse vorgestellt wurden. Neben der Überlegung, Resistenzmechanismen auf molekularer Ebene zu überwinden, ist die Immuntherapie ein vielversprechender Ansatz: Hier wird das körpereigene Immunsystem in die onkologische Behandlung integriert. Im Fokus stehen derzeit insbesondere die anti-PD1- bzw. anti-PD-L1-Antikörper, die bei anderen Tumorentitäten schon gute Ergebnisse erzielt haben. Von besonderem Interesse sind diese Ansätze beim tripel-negativen Mammakarzinom, unter anderem deswegen, weil dort mit den herkömmlichen Substanzen bislang nur kleine Fortschritte erzielt werden konnten. Besonders bemerkenswert sind im Rahmen der vorgestellten Phase-I-Studien nicht nur die ermutigenden Ansprechraten, sondern das offenbar sehr lange mediane Therapieansprechen.
In einer Phase-Ib-Studie erreichte der anti-PD-1-Antikörper Pembrolizumab (Abstract #S1-09) bei Patientinnen mit rezidiviertem oder metastasiertem und bereits intensiv vorbehandeltem PD-L1-positivem TNBC bei 18,5% der Frauen eine objektive Tumorremission nach den RECIST-Kriterien (v 1.1); zusätzlich stabilisierte sich die Krankheitsprogression bei gut 25% der Patientinnen vorübergehend, so R. Nanda, Chicago. Die mediane Ansprechdauer ist nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 9,9 Monaten noch nicht erreicht; eine Patientin befindet sich bereits seit über 40 Monaten unter der Therapie. Die Patientinnen vertragen die Behandlung insgesamt gut. Grad-3/4-Nebenwirkungen sind mit einer Inzidenz von etwa 15% vergleichsweise selten.

Resistenzüberwindung im Fokus

Um Resistenzüberwindung geht es in der FERGI-Studie bei Patientinnen mit HR-positivem metastasiertem Mammakarzinom und Resistenz gegen-über Aromatasehemmern (Abstract #S2-02). In der Phase-II-Studie wird der orale selektive PI3K-Inhibitor Pictilisib mit Fulvestrant kombiniert und gegen eine Fulvestrant-Monotherapie verglichen, so I. Krop, Boston. Hin-tergrund für diese Kombination ist, dass gut 40% der Östrogenrezeptor-positiven Mammakarzinome eine PIK3CA-Mutation aufweisen. Auch in der FERGI-Studie waren etwa 40% der Patientinnen PIK3CA-mutiert. Die ersten Ergebnisse zeigen für die Patientinnen mit positivem Östrogen- und Progesteronrezeptor-Status einen deutlichen Vorteil zugunsten der Kombination mit einem medianen PFS von 7,4 versus 3,7 Monaten (HR 0,44). Für das Intent-to-Treat(ITT)-Kollektiv wurde jedoch kein signifikanter PFS-Vorteil erreicht (6,6 vs. 5,1 Monate, HR 0,74;
p = 0,0959). Die PIK3CA-Mutation erwies sich nicht als Prädiktor für ein längeres PFS unter Pictilisib/Fulvestrant. Gleichwohl sprachen die Patientinnen mit Mutation deutlich häufiger auf die Behandlung mit Pictilisib/Fulvestrant an als auf Fulvestrant alleine (15,8% vs. 3,1%). Zu beachten sind die nicht ganz unerheblichen Nebenwirkungen, speziell gastrointestinale und dermatologische Toxizitäten können auftreten und haben im Rahmen der Studie zu signifikanten Dosismodifikationen geführt.


Birgit-Kristin Pohlmann