Weichteilsarkome 2014: Aufforderung zur Kooperation

Aufsätze über Sarkome beginnen üblicherweise mit der Einleitung, dass mesenchymale Malignome insgesamt vernachlässigbar selten seien, dass sich unter dem Überbegriff „Sarkom“ eine große Anzahl biologisch stark unterschiedlicher Erkrankungen verberge und dass das Beispiel der gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) zeige, wie die Aufklärung molekularer therapeutischer Ziele historische Wendepunkte der Medizin begründen kann. Ich möchte zu diesen drei aus meiner Sicht überstrapazierten Gemeinplätzen Stellung nehmen:
1. Sarkome sind häufiger als wir dachten: Die Inzidenz von Sarkom-Erkrankungen liegt in Europa bei ca. 5,6:100.000 Einwohner pro Jahr [1–3]. Sarkome haben – ähnlich wie maligne Lymphome –die dem internistischen Onkologen wohlbekannte Eigenschaft, sich nicht im Hinblick nur auf die Metastasierung, sondern auch auf ihre Entstehung nicht an Organgrenzen zu halten. Trotzdem wurden sie in der Vergangenheit offenbar öfters als „Organtumor“ dokumentiert.
Die Inzidenz von Sarkomen wird deutlich zunehmen. Der Trend ist v. a. der steigenden Häufigkeit sekundärer Malignome zuzuschreiben, unter denen die Sarkome – insbesondere die Subgruppe der strahleninduzierten Angiosarkome – einen besonders hohen Anteil haben [4].
2. Molekular definierte Untergruppen gewinnen an Bedeutung. Da diese Untergruppen dann wirklich selten sind, sind klinische Studien, z. B. zu der pigmentierten villonodulären Synovitis (PVNS) oder zum inflammatorischen myofibroblastischen Tumor (IMFT), meist klein. Die genaue Kenntnis ihrer Ergebnisse wird aber wichtiger, weil z. B. diese beispielhaft genannten Entitäten besser mit (Anthrazyklin- und Ifosfamid-freien) gezielten therapeutischen Ansätzen behandelbar sind. Nutzen Sie die Expertise universitärer Sarkomzentren, um sich zur optimalen Behandlung Ihrer Patienten beraten zu lassen.
3. Die meisten GIST sind durch Treibermutationen im C-KIT- oder PDGFRA-Gen gekennzeichnet und dürfen deshalb als vielversprechende Kandidaten einer Therapie mit Imatinib gelten. Die Entstehungsgeschichte von Imatinib als Inhibitor der BCR-ABL-Tyrosinkinase (TKI) ist eng mit der Aufklärung der Pathogenese der chronischen myeloischen Leukämie (CML) verknüpft. Die Wirksamkeit der Substanz gegen GIST war zum Zeitpunkt ihrer Erfindung nicht antizipiert worden, aber die Zulassung von Imatinib für GIST wurde zum Meilenstein: Zehn Jahre nach Therapiebeginn werden ca. 20% der primär metastasierten Patienten immer noch mit Imatinib behandelt. Bei der CML sind es allerdings ca. 80%. Trotzdem werden weiter Zweit- und Drittgenerations-TKI für die CML entwickelt, klinisch untersucht und zugelassen. Es stehen hier mittlerweile neuere, effizientere Substanzen – nicht nur für spätere Therapielinien, sondern auch für den Therapiebeginn – zur Verfügung.
Im Gegensatz hierzu beschränken sich die Neuzulassungen für Imatinib-refraktäre GIST auf Multi-TKI, deren Wirksamkeit zwar häufig beeindruckend, jedoch selten von langer Dauer ist. In der First-line ist mittelfristig keine Verbesserung in Aussicht, weil es kaum Studienaktivitäten gibt und die offenen Studien schlecht rekrutieren – obwohl wir durch Lektionen mit anderen genetisch gut charakterisierten malignen Erkrankungen gelernt haben, dass die Effizienz der Erstlinientherapie im metastasierten Stadium sich durchaus auf das Gesamtüberleben auswirken kann. Die Behandlung des GIST ist dringend verbesserungswürdig: Bitte denken Sie bei Diagnosestellung daran und prüfen Sie, ob in Ihrer Nähe eine Studie offen ist.

Literatur
1. Bosetti et al. Ann Oncol 2013; 24: 2657-71
2. Stiller et al. Eur J Cancer 2013; 49: 684-95
3. Mastrangelo et al. Cancer 2012; 118: 5339-48.
4. Bjerkehagen et al. Eur J Cancer 2013; 49: 3292-302).

Prof. Dr. med. Hans-Georg Kopp


Zentrum für Weichteilsarkome, GIST und Knochentumoren; Südwestdeutsches Tumorzentrum Comprehensive Cancer Center (CCC) Tübingen
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