DGU 2014
Abirateronacetat wird in der aktuellen S3-Leitlinie für die Erstlinientherapie bei nicht oder leicht symptomatischen Patienten mit metastasiertem, kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) empfohlen. Laut der finalen Analyse der Zulassungsstudie COU-AA-302 weist der Androgenbiosynthese-Hemmer signifikante Vorteile gegenüber Placebo auf. Weltweit mehr als 120.000 Patienten wurden inzwischen mit der Substanz behandelt.
In der COU-AA-302–Studie erhielten die 1.088 asymptomatischen oder leicht symptomatischen, chemonaiven Patienten mit progredientem mCRPC Prednison/Prednisolon (5 mg zweimal täglich, n = 546) plus 1.000 mg/d Abirateronacetat (AA, Zytiga®) oder Placebo. Bei der finalen Analyse ergab sich eine mediane Gesamtüberlebenszeit unter AA von 34,7 Monaten gegenüber 30,3 Monaten unter Placebo, so Kurt Miller von der Berliner Charité. Die Patienten unter AA lebten also um median 4,4 Monate länger. Das relative Risiko zu versterben wurde mit dem Androgenbiosynthese-Hemmer um 20% reduziert, obwohl 44% der Patienten im Placeboarm zu AA gewechselt hatten – meist nach Progress. In der dritten und letzten geplanten Interimsanalyse hatte AA bereits das radiologische progressionsfreie Überleben im Median von 8,2 auf 16,5 Monate verlängert.
Auch in allen sekundären Endpunkten zeigte sich AA Placebo überlegen: Bei der medianen Zeit bis zum Beginn der Chemotherapie (p < 0,0001) ebenso wie bis zum Beginn einer Opiattherapie (p = 0,0002), bis zum PSA-Progress (p < 0,0001) und bis zur Verschlechterung des ECOG-Status (p = 0,005).
Patienten profitieren besonders, so Miller, wenn der Androgenbiosynthese-Hemmer möglichst früh nach Versagen der Androgen-Deprivationstherapie eingesetzt wird, und zwar bereits, wenn der Patient einen niedrigen bzw. mäßig erhöhten PSA-Wert und noch keine Schmerzen hat; nicht allein wegen der längeren Überlebenszeit, sondern auch wegen einer Reduktion der Nebenwirkungen: Bei frühem Therapiebeginn und günstiger Prognose (PSA ≤ 114 ng/ml und BPI-SF, Frage 3: 0-1) lebten unter AA nach 36 Monaten noch 70% der Patienten, zudem benötigten zu diesem Zeitpunkt ca. 60% noch keine Opiattherapie und ca. 55% keine Chemotherapie. Die mediane Zeit bis zur Progression der mittleren Schmerzintensität lag unter AA bei 26,7 vs. 18,4 Monaten unter Placebo. Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme durch Wassereinlagerungen (periphere Ödeme), Hypokaliämie und Leberveränderungen können ambulant behandelt werden.
In der EAU-Leitlinie 2013 musste noch ein Androgenentzug nach einer maximalen Androgenblockade oder eine sekundäre Hormonmanipulation erfolgt sein, um die Kriterien eines mCRPC zu erfüllen. In der Leitlinie von 2014 entfällt dies. Heute ist es für das Vorliegen einer Kastrationsresistenz ausreichend, dass unter einer primären Hormonmanipulation trotz Testosteronwerten auf Kastrationsniveau ein biochemischer, durch den Anstieg des PSA-Werts definierter oder ein radiologischer Progress stattfindet. Die aktuelle Version der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom empfiehlt beim mCRPC jetzt AA auch als Erstlinientherapie bei nicht oder leicht symptomatischen Patienten.
Helga Vollmer
Fachpressekonferenz „Therapie des mCRPC: Neue Daten zu Zytiga®, Aktualisierung der S3-Leitlinie“ anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) am 2. Oktober 2014 in Düsseldorf, veranstaltet von Jannsen-Cilag, Neuss.