Seit über einem Viertel Jahrhundert steht Octreotid zur Therapie funktionell aktiver neuroendokriner Tumoren (NET) zur Verfügung. Seit August 2014 kann das Somatostatin-Analogon als LAR-Form dank seines antiproliferativen Effekts auch zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem, nichtfunktionellem Mitteldarm-NET eingesetzt werden.
Neuroendokrine Tumoren – nach der WHO-Klassifikation von 2010 auch mit dem Oberbegriff „neuroendokrine Neoplasien“ (NEN) etabliert – entwickeln sich im Körper aus unkontrolliert wachsenden, endokrinen Zellen, die zum Teil selbst Hormone sezernieren (funktionell aktive NEN). Entdeckt wurden sie 1907 von dem Münchner Pathologen Siegfried Oberndorfer, der sie als „Karzinoide“ bzw. „Geschwülstchen“ bezeichnete. Welches Krankheitsbild ein NET entwickelt, hängt vom Entstehungsort und von der Art des Hormons ab, erklärte Jörg Bojunga, Frankfurt/M. NET sind daher äußerst vielgestaltig und können benigne, aber auch hochmaligne sein. Am häufigsten treten sie im Magen-Darm-Trakt auf, außerdem in Lunge, Eierstöcken, Thymusdrüse, Nieren und der Haut.
Je nach Art der sezernierten Hormone unterscheidet man das durch Serotonin-Überschuss hervorgerufene und am häufigsten auftretende Karzinoid-Syndrom, außerdem Gastrinome, Insulinome, Glukagonome, VIPome und Somatostatinome. Der Verlauf kann bis zu zwanzig Jahre dauern, meist lange ohne spezifische Beschwerden, weshalb die Diagnose meist erst nach dem Auftreten von Metastasen gestellt wird. Die Beschwerden von funktionell aktiven NET resultieren aus ihrer Hormonsekretion: Aufgrund des meist im Magen-Darm-Trakt lokalisierten Tumors, der Serotonin ins Blut abgibt, sind extreme Flush-Episoden und Diarrhöen typisch für das Karzinoid-Syndrom.
Für Hormon-sezernierende, funktionell aktive NET gilt das Somatostatin-Analogon (SSA) Octreotid LAR (Sandostatin®) neben Lanreotid als eine der beiden derzeit verfügbaren Standardtherapien. Die Behandlung des funktionellen NET sollte mit dem kurz wirksamen Octreotid begonnen werden, das täglich subkutan appliziert wird, um dann auf die Octreotid-Depotform umzustellen (Sandostatin® LAR®-Monatsdepot); durch die nur mehr im monatlichen Abstand erforderliche Injektion verbessert sich die Lebensqualität.
Die Ergebnisse der doppelblinden, randomisierten und prospektiven PROMID-Studie – mit 85 Patienten zwischen 2001 und 2008 in 18 deutschen Studienzentren durchgeführt mit anschließender Langzeitbeobachtung von 2008 bis 2013 – zeigten, dass das Somatostatin-Analogon nicht nur die Hormonproduktion und die daraus resultierenden Beschwerden unterdrückt, sondern auch einen antiproliferativen Effekt aufweist: Die mediane Zeit bis zur Tumorprogression konnte von 6,0 Monaten in der Placebogruppe auf 14,3 Monate unter Octreotid verlängert werden. Octreotid LAR gilt als gut verträglich, ein Überlebensvorteil kann damit jedoch nicht erzielt werden.
Helga Vollmer
Pressekonferenz „Zulassungserweiterung für Sandostatin® LAR® bei fortgeschrittenem NET des Mitteldarms – Ergebnisse der PROMID-Studie setzen weiteren Meilenstein“ am
12. November 2014 in Frankfurt, veranstaltet von Novartis Oncology.