ASCO-Update 2014 zum Mammakarzinom

Bei prämenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem frühem Mammakarzinom galt bisher eine adjuvante Behandlung mit mindestens fünf Jahren Tamoxifen und eventuell zusätzlicher ovarieller Suppression als Standard. Um diese Strategie zu optimieren, organisierte die International Breast Cancer Study Group (IBCSG) zwei große Studien, TEXT (Tamoxifene and EXemestane Trial) und SOFT (Suppression of Ovarian Function Trial), in denen Tamoxifen durch den Aromatase­inhibitor Exemestan, jeweils für fünf Jahre gegeben, ersetzt wurde. Insgesamt wurden 5.738 Patientinnen randomisiert; nachdem im geplanten Studienzeitraum weniger Rezidive aufgetreten waren als erwartet, wurde 2011 beschlossen, beide Studien gemeinsam auszuwerten. Diese kombinierte Analyse von insgesamt 4.690 Patientinnen wurde von Olivia Pagani, Bellinzona, in Chicago vorgestellt [1] und zeitgleich publiziert [2]. Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (DFS).
Nach median 5,7 Jahren Nachbeobachtung waren im Tamoxifen-Arm 298 DFS-Ereignisse aufgetreten gegenüber nur 216 im Exemestan-Arm, entsprechend einer krankheitsfreien Überlebensrate von 87,3% vs. 91,1% nach fünf Jahren (Hazard Ratio 0,72; p = 0,0002), d. h. einer Reduktion des Risikos um 28%. Dieser Effekt war in allen untersuchten Subgruppen zu sehen, ebenso bei den sekundären Endpunkten Brustkrebs- (HR 0,66; p < 0,0001) und Fernmetastasen-freies Intervall (HR 0,78; p = 0,02). Beim Gesamtüberleben war kein signifikanter Unterschied zu erkennen (95,9% vs. 96,9%; HR 1,14; p = 0,37), aber das ist in der adjuvanten Situation nach fünf Jahren auch noch nicht zu erwarten.
Grad-3/4-Nebenwirkungen waren etwa gleich häufig (31% unter Exeme­stan, 29% unter Tamoxifen), allerdings brachen etwas mehr Frauen die Exemestan- als die Tamoxifen-Behandlung ab (16% vs. 11%).
Seit vielen Jahren ist die (mindestens) fünfjährige Behandlung mit Ta­moxifen Standard in der adjuvanten Therapie prämenopausaler Hormonrezeptor-positiver Patientinnen; die zusätzliche Suppression der Ovarialfunktion, die bei einer nur zweijährigen Tamoxifen-Therapie das Rezidivrisiko um rund 15% zu reduzieren scheint, wird aktuell nicht mehr empfohlen. Ob die vorgestellten Daten die Leitlinien beeinflussen werden, bleibt daher abzuwarten, zumal die Nachbeobachtungszeit von 5,7 Jahren für eine adjuvante Therapie noch relativ kurz ist.

ALTTO: Duale adjuvante HER2-

Blockade enttäuschend

Ganz klar negativ fiel die bisher größte Studie zur adjuvanten Therapie des frühen, HER2-positiven Mammakarzinoms, die ALTTO-Studie aus: Nachdem die duale HER2-Blockade mit Trastuzumab und Lapatinib in der metastasierten Situation [3] und in der neoadjuvanten NeoALTTO-Studie [4] positiv abgeschnitten hatte, war die Hoffnung groß gewesen, damit auch Patientinnen in der adjuvanten Situation weiterhelfen zu können. Die ersten Ergebnisse, die Martine Piccart-Gebhart in der Plenarsitzung in Chicago präsentierte, waren jedoch eindeutig negativ [5]: Die insgesamt 8.381 in kurativer Absicht operierten Patientinnen erhielten in vier Studienarmen randomisiert ein Jahr lang Lapatinib plus Trastuzumab gleichzeitig (Arm A), Trastuzumab gefolgt von Lapatinib (B), Trastuzumab allein (C) oder Lapatinib alleine (D). Nach einer ersten Interimsanalyse war 2011 Arm D geschlossen worden. Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (DFS), sekundäre Endpunkte Gesamtüberleben und Sicherheit.
Beim Vergleich der dualen HER2-Blockade mit der Trastuzumab-Monotherapie, so Frau Piccart, war kein signifikanter Unterschied beim krankheitsfreien Überleben (88% vs. 86%; HR 0,84). Der p-Wert lag zwar bei 0,048, das für eine statistische Signifikanz geforderte Niveau war aber mit ≤ 0,025 festgelegt worden. Ähnlich fiel der Vergleich zwischen sequenzieller Therapie und Trastuzumab-Monotherapie aus (87% vs. 86%; HR 0,93; p = 0,044). Auch beim Gesamtüberleben gab es keine signifikanten Unterschiede.
Die Toxizität war unter der Monotherapie erwartungsgemäß geringer als unter der sequenziellen bzw. der gleichzeitigen dualen HER2-Blockade: Diarrhöen traten in diesen Armen bei 20%, 50% bzw. 75% der Patientinnen auf, Hautreaktionen bei 20%, 49% bzw. 55% und hepatobiliäre Nebenwirkungen bei 16%, 24% bzw. 23%, obwohl lediglich zwischen 60% und 78% der Patientinnen in den Lapatinib-Armen mindestens 85% der vorgesehenen Dosierung erhalten hatten.
Letzteres könnte ein Grund dafür sein, dass die doppelte Anti-HER2-Therapie mit Lapatinib und Trastuzumab zumindest nach viereinhalb Jahren noch nicht zu einer Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens führt.

Josef Gulden

 

Literatur

1. Pagani O et al. J Clin Oncol 2014; 32 (15S): 3s (ASCO 2014, Abstract #LBA1).
2. Pagani O et al. N Engl J Med 2014; 371: 107-18.
3. Blackwell KL et al. J Clin Oncol. 2012; 30: 2585-92.
4. Baselga J et al. Lancet. 2012 Feb 18;379(9816):633-40.
5. Piccart-Gebhart MJ et al. J Clin Oncol 2014; 32 (15S); 4s (ASCO 2014, Abstract #LBA4).

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