Individualisierung war eines der Leitthemen des diesjährigen Deutschen Krebskongresses in Berlin. Neu bewertet die Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.– KoloRektalKarzinom (AIO-KRK) die Antikörpertherapie in Kombination mit einer Chemotherapie beim metastasierten kolorektalen Karzinom (mCRC). Zum einen ist eine primäre Bestimmung des RAS-Mutationsstatus obligat, zweitens wird bei Vorliegen eines RAS-Wildtyps der primäre Einsatz eines Anti-EGFR-Antikörpers wie z. B. Panitumumab (Vectibix®) empfohlen. Basis für die Empfehlung der AIO-KRK waren die Ergebnisse der PEAK- sowie der FIRE-Studie.
Das Kolorektalkarzinom (CRC), in Deutschland die zweithäufigste Krebserkrankung bei Männern wie Frauen, wird häufig erst im fortgeschrittenen Stadium festgestellt, da es lange Zeit ohne Symptome verläuft: Zum Zeitpunkt der Diagnose liegen bei jedem vierten Patienten bereits Metastasen vor, was die Heilungschancen erheblich verschlechtert. Der Rezeptor für epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) spielt beim Wachstum zahlreicher verschiedener Krebsarten eine wichtige Rolle.
Therapien mit Anti-EGFR-Antikörpern inhibieren die Aktivität des Rezeptors und hemmen dadurch das maligne Wachstum. Vor der Behandlung sollte jedoch der RAS-Mutationsstatus bestimmt werden: Die Protoonkogene KRAS und NRAS steuern das Zellwachstum über unterschiedliche Mechanismen. Sind sie mutiert – üblicherweise in den Exonen 2, 3 oder 4 und bei 40–50% der Kolorektalkarzinome –, sind die entsprechenden Proteine permanent aktiviert und treiben das Zellwachstum an – unabhängig davon, ob der EGFR aktiv oder therapeutisch inhibiert ist.
Panitumumab ist der erste völlig humane monoklonale Anti-EGFR-Antikörper, der das Krebswachstum direkt hemmt. In der PEAK-Studie war die Kombination aus Panitumumab und FOLFOX in einer Erstlinientherapie der Kombination aus Bevacizumab und FOLFOX signifikant überlegen und erzielte mit 41,3 Monaten das bisher längste beim metastasierten CRC mit RAS-Wildtyp beobachtete mediane Gesamtüberleben. Auch hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens war die Überlegenheit von Panitumumab gegenüber Bevacizumab mit median 28,9 Monaten erkennbar, so Prof. Michael Geißler, Esslingen.
Ansprechrate durch Panitumumab mehr als verdoppelt
In der PRIME-Studie wurde Panitumumab und FOLFOX gegen FOLFOX alleine bei 1.183 Patienten mit mCRC als Erstlinientherapie geprüft. Resultat: Die Zugabe von Panitumumab zum FOLFOX-Regime bewirkte bei Patienten mit KRAS-Wildtyp eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens von im Median 8,6 auf 10,0 Monate.
In einer weiteren randomisierten Phase-III-Studie mit 1.186 Patienten mit KRAS-Wildtyp erzielte die Kombination aus Panitumumab und FOLFIRI als Zweitlinientherapie eine Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens von 4,9 Monaten mit FOLFIRI alleine auf 6,7 Monate. Das Gesamtüberleben wurde tendenziell von 12,5 auf 14,5 Monate verlängert. Die Zugabe von Panitumumab erhöhte zudem die Ansprechrate um mehr als das Dreifache (36% vs. 10%).
Patienten mit einer RAS-Mutation (KRAS ebenso wie NRAS) haben keinen Vorteil, sondern eher Nachteile durch eine Anti-EGFR-Therapie, warnte Dr. Jürgen Wehmeyer, Münster, weshalb die Bestimmung des RAS-Mutationsstatus am Anfang der Behandlung eines mCRC stehen sollte.
Helga Vollmer
Symposium „Was denn nun? Strategien zur Erstlinientherapie bei RAS-Wildtyp mCRC“ anlässlich des 31. Deutschen Krebskongresses am 20. Februar 2014 in Berlin, unterstützt von Amgen.