Immun(therapie)bedingte Toxizitäten („immunrelated adverse events“; irAEs) seien grundsätzlich gut zu handhaben, betonte Prof. Christina H. Ruhlmann, Odense, Dänemark. Schwere Nebenwirkungen vom Grad 3–4 seien jedoch oftmals eine Herausforderung im klinischen Alltag. Um dies zu verhindern, müssten irAEs frühzeitig erkannt und behandelt werden. Dies gelte insbesondere für potenziell lebensbedrohliche Organtoxizitäten, wie beispielsweise eine Myokarditis oder eine Pneumonitis. Die Immuntherapie sei eine wichtige neue Therapieoption, die den Patienten die Chance auf ein längeres Überleben und eine günstigere Prognose biete. Dies dürfe nicht durch irAEs gefährdet werden.
Konsequentes Monitoring und rechtzeitige evidenzbasierte Intervention
Neben einem konsequenten Monitoring der Patienten und gegebenenfalls rechtzeitiger Intervention sei es wichtig, die Evidenz für die Behandlung von irAEs zu erhöhen. „Wir sind verpflichtet, die Messlatte hoch zu legen, um das Nebenwirkungsmanagement unter der Immuntherapie weiter zu verbessern“, forderte die Expertin.
Ruhlmann erinnerte daran, dass alle Organe von irAEs betroffen sein können. Die Patienten müssten darüber aufgeklärt sein, um sich frühzeitig zu melden. Ob und in welchem Ausmaß sich irAEs entwickeln, hänge von verschiedenen Faktoren ab, weshalb die Ausprägung sehr unterschiedlich und auch von Patient zu Patient sehr variabel sei. Wichtig sei es, daran zu denken, dass irAEs in Abhängigkeit vom betroffenen Organ zu verschiedenen Zeitpunkten auftreten. Einige irAEs bilden sich innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen aus und andere erst nach Wochen oder Jahren.
Multidisziplinäres Vorgehen
Kommt es zu irAEs, sei die Kooperation mit den entsprechenden Fachärzten essenziell. Die multidisziplinäre Zusammenarbeit und der fachliche Austausch von Onkologen und den jeweiligen Organfachdisziplinen seien die Grundlage für ein gutes Nebenwirkungsmanagement, so Ruhlmann. Oftmals treten mehrere Organtoxizitäten bei einer Person auf, was beim Management der irAEs beachtet werden müsse.
Standard bei der Erstlinienbehandlung sind Kortikosteroide. Sprechen Patienten auf Kortikosteroide nicht an oder entwickeln sich sehr schwere irAEs, sollten immunmodulierende Substanzen eingesetzt werden. Weitere Alternativen sind laut Ruhlmann die Plasmapherese oder eine intravenöse Immunglobulin-Ersatztherapie. Die meisten irAEs seien mit einem adäquaten Management reversibel. Nach erfolgreicher irAE-Behandlung werden für weitere sechs Monate regelmäßige Kontrollen empfohlen, um Anzeichen erneuter irAEs frühzeitig zu erkennen und um rechtzeitig intervenieren zu können.
Erneute Immuntherapie nach irAE?
Umstritten ist laut Ruhlmann, ob nach erfolgreicher Behandlung insbesondere schwerer irAEs erneut mit einer Immuntherapie behandelt werden sollte. Grundsätzlich sei dies eine Option, es müsse aber im Einzelfall entschieden werden und hänge letztlich vom Schweregrad und dem befallenen Organsystem ab. Bei schweren irAEs mit potenziell lebensbedrohlichem Risiko wie beispielsweise einer Myokarditis oder Pneumonitis rät Ruhlmann davon ab. Es gebe andere Therapieoptionen, die dann zum Einsatz kommen sollten.
Chronische irAEs können auftreten
Halten irAEs auch drei Monate nach Ende der Immuntherapie weiter an, gelten sie als chronisch. Dass diese Möglichkeit besteht, müsse vor Therapiebeginn mit den Patienten besprochen werden – mit der Option, gegebenenfalls auf eine Immuntherapie zu verzichten und andere Therapien einzusetzen. Allerdings, so Ruhlmann, zeigten Studiendaten, dass Patienten mit chronischen irAEs im Vergleich mit jenen ohne chronische irAEs länger rezidivfrei geblieben sind (Abb. 1) [1] und im metastasierten Setting auch länger überlebt haben [2].