Das Karriereprogramm FAUnext der Friedrich-Alexander-Universität unterstützt bei der Antwort: Quo Nachwuchswissenschaftler:in?

Nach der Promotion zur Professur?

Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, hohe Arbeitsbelastung, keine Planbarkeit – diese Schlagworte waren in diesem Jahr in Verbindung mit einer Karriere in der Wissenschaft u. a. durch die Debatte #IchBinHanna immer wieder in den Medien zu lesen. Auf der anderen Seite zeigte im Jahr 2020 die DZHW-Wissenschaftsbefragung eine insgesamt erstaunlich hohe berufliche Zufriedenheit von Wissenschaftler:innen in Deutschland, wenngleich mit einem zu erwartenden Unterschied zwischen der Gruppe der Professuren und Postdocs [1]. Ein ambivalenter Blick also auf eine wissenschaftliche Karriere.
70 % aller Promovierten verlassen die Wissenschaft im Jahr nach dem Promotionsabschluss [2]. Demnach arbeiten immerhin noch 30 % an Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Im akademischen Mittelbau verbleibt damit zunächst ein „MittelBAUCH“ im Verhältnis zu einer überschaubaren Anzahl von zu besetzenden Professuren. Auf die Promotion folgt die Postdoc-Phase, in der häufig ein Habilitationsprojekt der Qualifikation hin zur Professur dient, eine Nachwuchsgruppenleitung übernommen wird – meist verbunden mit der Einwerbung entsprechender Drittmittel, oder die Berufung auf eine W1-Professur erfolgt. Wir sprechen hier also von hochqualifizierten, jungen Wissenschaftler:innen, die die Zukunft der Wissenschaft gestalten und seitens der Universitäten in Deutschland erst seit kurzem im Rahmen von Personalentwicklungskonzepten in den Fokus genommen werden.
Einige Universitäten entwickeln spezifische Angebote, um diese hochqualifizierten Nachwuchs- und Führungskräfte auf dem Weg zu ihrem Berufsziel innerhalb oder außerhalb der Hochschule zu unterstützen. Denn nicht jede:r wird das Berufsziel Professur auch wirklich erreichen. Basierend auf Daten des DHV [3] kommen auf eine altersbedingt freiwerdende W2- oder W3-Professur statistisch 6,1 Personen, die sich durch eine Habilitation, Junior-/W1-Professur oder eine Nachwuchsgruppenleitung qualifiziert haben. Nicht berücksichtigt sind jedoch außeruniversitäre Wissenschaftler:innen, erfahrenere Bewerber:innen oder auch diejenigen, die habilitationsäquivalente Leistungen aufweisen sowie im Ausland qualifizierte Personen, die sich auf eine Professur in Deutschland bewerben. Vor allem vor dem Hintergrund des Brexit ist derzeit zu beobachten, dass viele sehr gut aufgestellte Nachwuchskräfte auf den deutschen Markt zurückdrängen. Zentral wird damit zukünftig umso mehr für diese Personengruppe „Postdoc“ oder „nach der Promotion“ eine Rolle spielen, eine Professur strategisch im Blick zu behalten sowie außeruniversitäre, spannende Zielpositionen zu finden.

Um der Verantwortung für ihre Nachwuchswissenschaftler:innen gerecht zu werden, hat die FAU das Karriereprogramm FAUnext entwickelt. Dieses Programm begleitet die Nachwuchskräfte individuell und bereitet sie auf ihre zukünftigen Führungsaufgaben in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vor. Als große Volluniversität nimmt die FAU dabei Mediziner:innen genauso in den Blick wie Natur­wissenschaftler:innen, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler:innen, Geistes- und Sozial­wissen­schaft­ler:innen sowie Ingenieur:innen und adressiert somit durchaus auch eine breite, bei dieser Personengruppe häufig anzutreffende Interdisziplinaritätsaufstellung. 

Warum ein Karriereprogramm für Postdocs, Nachwuchsgruppen­lei­ter:innen und W1-Professor:innen?

Die Entwicklung von FAUnext begann nach einer FAU-internen Umfrage im Jahr 2018. Danach steht für W1-Professor:innen die Persönlichkeits- und Führungsentwicklung sowie die Netzwerkbildung zur Unterstützung ihres Forschungsprofils im Vordergrund, während für die Postdocs außer der fachlichen und persönlichen Selbständigkeit das Unterstützungsangebot hinsichtlich der Erreichbarkeit des Berufsziels Professur und weiterer Karrierewege eine besondere Rolle spielt. FAUnext bereitet daher die drei Zielgruppen durch entsprechende individuelle Entwicklungsmaßnahmen auf die nächste Karrierestufe inner- und außerhalb der FAU vor [4]. Der hohe inhaltliche Anspruch des Programms wird über die Ausrichtung auf die Zielgruppe der W1-Professor:innen gewährleistet. Die Präsenz der drei Zielgruppen führt zu einer Vernetzung der Teilnehmer:innen unterschiedlicher Karrierestufen. 

Wie ist das Karriereprogramm FAUnext aufgebaut?

Entsprechend der FAU-Handlungsfelder (PERO, s. u.) unterstützt FAUnext ausgezeichnete Nachwuchstalente beim Erreichen ihrer persönlichen Ziele, d. h. sie bekommen konkrete Unterstützung im Bereich Führungs- und Schlüsselkompetenzen (Handlungsfeld P „People“), Lehre (Handlungsfeld E „Education“), Forschungsprofil (Handlungsfeld R „Research“) und dem Zur-Wirkung-Bringen der eigenen Forschung in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft (Handlungsfeld O „Outreach“). Diese Unterstützung wird flankiert durch individuell abgestimmte Coaching-Angebote und Netzwerkveranstaltungen. Für jedes Handlungsfeld werden zwei unterschiedliche Module angeboten. Zusätzlich gibt es ein weiteres Modul „Berufsziel Professur“ (Abb. 1). 

Um maximale Flexibilität für die zeitlich sehr ausgelasteten Zielgruppen zu erreichen, werden alle neun Module sowohl im Sommer- als auch im Wintersemester angeboten und ein Kommen und Gehen innerhalb einer maximalen Teilnahmezeit von zwei Jahren ermöglicht. Hierdurch wird fortwährende Interdisziplinarität in den Modulen gewährleistet. Jede:r Teilnehmende belegt drei Module zu je sechzehn Arbeitseinheiten (1 AE = 1 h), die je nach Thematik an zwei aufeinanderfolgenden Tagen oder über mehrere Wochen verteilt stattfinden. Im Programm enthalten sind außerdem zwei Netzwerkveranstaltungen und ein individuelles Einzelcoaching-Angebot über zehn Stunden pro Person.
Im Bereich People wird der Führungsstil entwickelt. Ausgehend von dem Wissen, dass man zunächst sich selbst führen können sollte (Umgang mit sich selbst – z. B. Selbstreflexion, Umgang mit Scheitern, Selbstdarstellung und Zeitmanagement) wird im zweiten Modul Sich selbst und andere führen Strategie- und Führungskompetenz erfahren, die Kooperationsfähigkeit geschärft und der Umgang mit Konflikten geschult.
Die eigene Lehre steht bei den zwei Education-Modulen im Fokus. Hier wird die Erstellung eines Lehrportfolios vermittelt und dabei das Lehrprofil geschärft (Higher Education Advanced). Das Erstellen mediendidaktischer Konzepte und die Entwicklung digitaler und individueller Lehr- und Lernsettings sind Inhalte des Moduls Digitale Lehre. Um an der eigenen Lehre im laufenden Semester zu arbeiten, erfolgen die Arbeitseinheiten über das Semester verteilt.
Basis für die wissenschaftliche Selbständigkeit ist die erfolgreiche Drittmittelantragstellung, deren Grundlage wiederum die Entwicklung innovativer Fragestellungen und kompetitiver Projektideen ist. FAUnext unterstützt daher im Bereich Research mit dem Modul Entwicklung wettbewerbsfähiger Drittmittelvorhaben. Exzellente Wissenschaft­ler:innen zeichnen sich außerdem durch ein gut ausgebildetes Netzwerk und ein effektives Selbstmarketing aus. Dies wird im Modul Entwicklung erfolgreicher Forschungsnetzwerke erarbeitet.
Mit den zwei Modulen zum Thema Outreach (Shape Your FAU Innovator Profile und Make Your Research Glow) unterstützt die FAU in folgenden Bereichen des strategischen Wissens- und Technologietransfers: Transfer über Köpfe, über Weiterbildung, über Patente & Lizenzen, über Kooperation & Co-Creation und über Ausgründung. Transferstrukturen, Formate und Plattformen, aber auch Ansprechpartner:innen stehen zur Unterstützung bereit. Zusätzlich können die Wissenschaftler:innen von der Expertise der FAU-Stabsstelle für Presse und Kommunikation zur professionellen Wissenschaftskommunikation profitieren. 
Im Modul Berufsziel Professur erhalten die Teilnehmer:innen Informationen über die verschiedenen Qualifikationswege zur Professur, die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Anforderungen der Berufungskommission und des Kommissionsgesprächs.
Die Vielzahl an Themen und Interessen, die hinter jedem Modul stecken, wurden in einer FAU-internen Arbeitsgruppe erarbeitet, diskutiert und mit den zuständigen Vizepräsident:innen spezifiziert. Dabei war es besonders wichtig, dass die Teilnehmenden in den Modulen selbst an sich oder ihrem Thema arbeiten und dadurch den maximalen Mehrwert eines Weiterbildungsformates erfahren können. Eine ausgewogene Balance zwischen internen Erfahrungen und externem Know-how wird durch eine Mischung aus hervorragenden externen Trainer:innen, exzellenten Inhouse-Fachtrainer:innen und dem Austausch mit erfahrenen, erfolgreichen Professor:innen und Emeriti/a der FAU erreicht. Deren Anwesenheit spiegelt das Erlernte und stellt einen umfangreichen Erfahrungsschatz zur Verfügung. Alle Module werden während des laufenden Semesters evaluiert und fortwährend verbessert. 

Warum Selbsteinschätzungsbogen, Feedbackgespräch und Coaching?

Die eigene Karriere zu planen ist ein komplexes Thema und erfordert nicht nur das Einholen vielfältiger Informationen, sondern auch das Wissen um die Erwartungen, die zum Erreichen eines bestimmten Karriereziels an einen selbst gestellt werden. Unsere Erfahrungen zeigen, dass für ein Mentoring durch erfahrene Professor:innen immer weniger Zeit bleibt. Zugleich wächst die Unsicherheit in der Zielgruppe über die Erreichbarkeit des Berufsziels Professur. Wissen­schaftler:innen sind daher heute mehr denn je auf ein personalisiertes Karriere-Programm angewiesen. 
Die Teilnahme an FAUnext beginnt mit dem Ausfüllen eines Selbsteinschätzungsbogens und einem anschließenden Feedbackgespräch mit zertifizierten 
Coaches. Dadurch erfolgt eine individuelle Standortbestimmung und die gezielte Auswahl der Qualifizierungsbausteine (Module) entsprechend dem derzeitigen Karrierestadium wird unterstützt (Abb. 2). 

Durch diesen Prozess wird den Teilnehmenden bewusst, wie intensiv sie sich mit den Themen Führung, Lehre, Wissenschaft und Outreach beschäftigen sollten, um auf dem wissenschaftlichen oder einem anderen Karriereweg erfolgreich zu sein. Zusätzlich können im geschützten Raum des Einzelcoachings zu Themen wie Zeitmanagement, Überlastung, Work-Life-Balance, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Konflikte am Arbeitsplatz, Führungsthemen, der nächste Karriereschritt oder der Wunsch nach einem alternativen Karriereweg mit systemisch ausgebildeten, zertifizierten Inhouse-Coaches individuell persönliche Lösungen erarbeitet werden. Für Einzelthemen stehen 90–120 Minuten zur Verfügung. Komplexe Neuorientierungsthemen brauchen ggf. einen Zeitraum von einigen Monaten. Jeder Coaching-Prozess wird evaluiert. 

Warum ist das Karriereprogramm FAUnext so außergewöhnlich?

Durch individuelle Weiterentwicklungsmaßnahmen treiben alle Teilnehmenden ihre persönliche sowie berufliche Entwicklung voran und bereiten sich gezielt auf die nächste Karrierestufe vor. Wissenschaftler:innen der frühen Postdoc-Phase werden auf ihrem Weg zur Professur oder zum außeruniversitären Karriereweg begleitet und junge Professor:innen qualifizieren sich in vielfältigen Themenbereichen weiter. Vorteile von FAUnext sind zusammengefasst:

• Individuelle Betreuung und gemeinsame persönliche Auswahl der am besten passenden Trainings.
• Persönliche Standortbestimmung, Feedbackgespräch und umfassendes Karriere-Einzelcoaching mit zertifizierten Coaches.
• Workshop-Gruppenveranstaltungen werden mit sinnvollen individuellen Maßnahmen wie Einzelcoaching kombiniert. 
• Alle Module werden von exzellenten innovativen Trainern in Kombination mit FAU-Expert:innen durchgeführt. 
• Das Programm hat Akademiecharakter, ist zeitlich und inhaltlich maximal flexibel.
• Das mühsame Zusammensuchen von Weiterqualifizierungsangeboten in Form von Einzelkursen bei externen Anbietern und die dadurch ggf. entstehende Überschneidung von Themengebieten entfällt.
• Das fakultätsübergreifende Durchmischen der Teilnehmenden und der Austausch mit erfahrenen exzellenten Professor:innen im Rahmen der Module ermöglicht umfangreiches Netzwerken innerhalb der FAU und schafft lebenslange Kontakte. 

Fazit

Die FAU hat mit FAUnext eine Personalentwicklungsmaßnahme geschaffen, die die Rahmenbedingungen für Nachwuchswissenschaftler:innen optimiert und die Universität und ihre Nachwuchskräfte verbindet. Nachwuchskräfte erhalten in einem von Unsicherheit und schwerer Planbarkeit geprägten Wissenschaftssystem wichtige individuelle Unterstützung und hilfreiche Vernetzung aus unterschiedlichsten Richtungen. Herausragende Potentialträger:innen werden auf die nächste Karrierestufe innerhalb und außerhalb der Universität vorbereitet. Das Programm ermöglicht der FAU, ihr Leitbild über die Module zu vermitteln und bindet so die Führungskräfte von morgen. Für den Ausbau der Personalentwicklung in der Zielgruppe bieten Coaching-Themen besonders wertvolle Anhaltspunkte. Und Wissen­schaft­ler:innen, die in dieser herausfordernden Karrierephase Unterstützung erfahren haben, werden national wie international ein positives Bild der FAU prägen.