Konzepte für das Point of Care Testing: Schnell, handlich und präzise
In dieser Übersicht stellen wir in zwei unterschiedlichen Tabellen Point-of-Care (POC)-Systeme zur Blutgasanalyse, Oxymetrie und Parametern aus unterschiedlichen Bereichen der Labormedizin sowie der medizinischen Mikrobiologie vor. Der Fokus liegt natürlich bei allen Geräten auf Parametern, die eine schnelle therapeutische Entscheidung herbeiführen können.
In einer dritten Tabelle veröffentlichen die Hersteller oder Vertriebsgesellschaften der vorgestellten POC-Geräte eine Reihe von berechneten Parametern. Diese können auf dem Messprotokoll des Geräts mit ausgedruckt werden. Ob sie von Nutzen sind und an die behandelnden Ärzt:innen ausgegeben werden, entscheiden die Betreiber der POC-Systeme individuell.
Tabelle: POC-Systeme zur Blutgasanalyse, Oxymetrie und Klinischen Chemie
Tabelle: POC-Systeme zur Infektiologie
Definition Point of Care Testing
Laut Luppa und Junker [1] gibt es noch keine allgemein anerkannte Definition. Meist handelt es sich bei POC-Geräten um handliche, leicht zu transportierende Geräte, die in der Regel patientennah eingesetzt werden. Ein weiteres Kriterium ist der Einsatz von Unit-Use-Reagenzien, beispielsweise in Form von Kassetten oder Karten. Dies ist allerdings relativ ein relativ weiches Kriterium, für das es Ausnahmen gibt.
Einsatzbereiche
Klassische Einsatzorte für POC-Systeme sind (Notfall-)Ambulanzen, OPs, Intensivstationen oder auch Patientenzimmer. Dazu kommt noch Direct to Consumer Testing (DTC). Blutzuckertests sind hier der Klassiker, aber es kommen immer weitere Assays aus der Blutgerinnung oder der Infektiologie dazu, z. B. der Antigen- und der PCR-Test zum Nachweis von SARS-CoV-2.
POC-Assays ermöglichen in Abhängigkeit vom Ergebnis ein schnelles Handeln; im Falle infektiologischer Assays ist das z. B. eine sofortige Isolierung der Betroffenen und die Einleitung einer Therapie.
Die Probenmaterialien
Das Probenmaterial sollte möglichst nicht- oder minimalinvasiv gewonnen werden. Das ist aber nicht immer möglich, wenn man nur an die arterielle Blutabnahme für manche Blutgasanalysen denkt. Standard ist trotzdem Kapillar- und Vollblut. Weitere Probenmaterialien sind Urin (in der Tabelle nicht vertreten) und für infektiologische Parameter diverse Abstriche, Stuhl und auch Urin.
Die Vieles-Könner
Vier Firmen stellen im Rahmen dieser Produktübersicht insgesamt vierzehn POC-Geräte mit unterschiedlichen Analysenspektren vor. Sechs der Geräte bestimmen die Blutgase und die CO-Oxymetrie sowie klinisch-chemische und hämatologische Parameter und auch Hormone. Einige Geräte sind in der Lage, noch weitere Parameter zu messen, z. B. aus der Hämostaseologie, der Toxikologie oder der Humangenetik.
Die Technologien an Bord der Geräte sind vielfältig; bei den neueren Geräten geht die Tendenz aber eindeutig Richtung Immunoassay als Messverfahren zum Nachweis von Substraten und Enzymen (CKMB). So liefert z. B. die immunchemische Bestimmung von Procalcitonin und CRP schnell Hinweise auf eine Sepsis.
Ein relativ neuer Player auf dem POC-Markt stellt ein Gerät vor, das alle Parameter aus der Kardiologie sowie HbA1c, Hormone und Hämostaseologie (D-Dimere) immunchemisch bestimmt – allerdings ohne Blutgasanalyse oder Oxymetrie.
In vielen der anderen Geräte sind altbekannte Methoden wie Photometrie, Potentiometrie, ionenselektive Elektrode oder Amperometrie verbaut.
Die Hämostaseologie ist mit einem Vollautomaten für die Thrombelastometrie, mit einem Gerät zur Überwachung der Therapie mit Aggregationshemmern und mit Geräten zur Bestimmung von D-Dimeren vertreten.
Die Nachweisverfahren
Schon viele Jahre im Einsatz sind Verfahren wie die Blutgasanalyse und CO-Oxymetrie. Darüber hinaus kommen enzymatische, amperometrische, ionenselektive Elektroden u. v. m. zum Einsatz. Die Methoden beruhen auf Miniaturisierung und z. T. auf Mikrofluidik. Ein neuer Hersteller auf dem deutschen Markt stellt zwei Geräte, einmal mit einem immunchemischen Nachweisverfahren (Fluoreszenz-Immunoassay, FIA) und zum anderen mit zwei verschiedenen Verfahren der Nukleinsäure-Amplifikation (NAT) vor.
Ein neu entwickeltes, sehr sensitives Detektionsverfahren für die Immunchemie am POC ist die zeitaufgelöste Fluoreszenzspektroskopie (TRF); sie nutzt die Fähigkeit von Lanthanoiden, zu denen z. B. Europium gehört, nach der Anregung deutlich länger zu fluoreszieren als die unspezifische Hintergrundfluoreszenz. Dadurch ist diese Methode deutlich sensitiver als herkömmliche Fluoreszenz-Assays. Auch der aktive Messbereich ist dadurch deutlich erweitert.
Die Hämostaseologie ist am POC mit mehreren Nachweisverfahren vertreten, beispielsweise die Rotations-Thrombelastometrie und ein Verfahren zum Monitoring der Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern.
Berechnete Parameter
Aus einigen gemessenen Parametern lassen sich – meist in Verbindung mit zusätzlich eingegebenen Informationen wie Patiententemperatur, Körpergewicht oder Hautfarbe – weitere Werte berechnen, die unter bestimmten Umständen zu zusätzlichem Erkenntnisgewinn bezüglich des Gesundheitsstatus der Patient:innen führen. Ein Großteil dieser berechneten Werte steht in Verbindung mit der Blutgasanalyse und der Oxymetrie, einige fallen auch in der Klinischen Chemie an. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR). Sie erlaubt eine schnelle Einschätzung der Nierenfunktion und es stehen mehrere Formeln dafür zur Verfügung. Die MDRD-Formel (Modification-of-Diet-in-Renal-Disease-Studie) kann auf das Körpergewicht verzichten; stattdessen wird ein Korrekturfaktor für die Hautfarbe und – je nach Variante der Formel – für das Geschlecht eingeführt [3].
Die Algorithmen für berechnete oder abgeleitete Parameter können auch im LIS hinterlegt werden, dort sind Patientendaten wie Temperatur und Körpergewicht bereits vorhanden. Die Formel kann nach entsprechender Programmierung automatisch berechnet werden.
Ein weiterer berechneter Parameter, der Horowitz-Quotient, der hauptsächlich bei Beatmungspatient:innen sinnvoll ist, hilft, die Leistungsfähigkeit der Lungen zu beurteilen. Er setzt den arteriellen Sauerstoffpartialdruck (paO2) zur Sauerstoffkonzentration in der eingeatmeten Luft (FiO2) ins Verhältnis.
Schnelle Gewissheit in der Infektiologie
Schnelle Gewissheit und damit auch Aussicht auf eine zügige zielgerichtete Therapie sowie auf eine Unterbrechung der Infektionskette geben Nachweissysteme für Infektionserreger. Von den beiden in der Tabelle auf S. 269 vorgestellten Systemen arbeitet das eine mit den molekulardiagnostischen Verfahren qPCR und LAMP; das andere beruht auf einem immunchemischen Immunfluoreszenz-Assay (FIA). Die loop-mediated isothermal amplification (LAMP), ein isothermales Verfahren, ist sehr schnell, die Ergebnisse liegen bereits nach 30 Minuten vor; die auf der PCR basierenden Assays benötigen 45 Minuten Zeit. Als Probenmaterialien können derzeit Abstriche und Stuhl verwendet werden.
Aufgrund des Immunoassay-Prinzips lässt es sich für alle Fragestellungen einsetzen, bei denen die gesuchte Substanz als Antigen nachgewiesen werden kann. Die CK-MB wird z. B. nicht aufgrund ihrer Enzymaktivität nachgewiesen, sondern immunchemisch mit spezifischen Antikörpern gegen die Untereinheiten B und M.
Zusammenfassung
Immer vielseitigere und sensitivere Technologien treiben die Entwicklung von POC-Systemen weiter voran. Die Methoden werden aller Voraussicht nach zukünftig noch vielfältiger werden.
Dr. Gabriele Egert und Harald Maier
Mitglieder der Redaktion