Neutrale Spezialisten gefragt

Materialien für die interne Qualitätskontrolle

Testkit-unabhängige Kontrollmaterialien nehmen eine wichtige Vermittlerposition zwischen akkreditierten Ringversuchsmaterialien und Gerätehersteller-spezifischen Kontrollen ein. Ihr Einsatz ist anspruchsvoll, insbesondere wenn viele Routinetests aus einem Material bestimmt oder spezielle Analyte geprüft werden sollen.

Schlüsselwörter: Interne Qualitätskontrolle, kitunabhängige Kontrollmaterialien

Wer von kommerziellen Produkten für die Laboratoriumsdiagnostik spricht, denkt in erster Linie an Reagenzkits und Analysengeräte, weil diese den Hauptanteil der Verbrauchs- bzw. Investitionskosten ausmachen. Dabei wird die dritte und womöglich entscheidende Säule hochwertiger Laborresultate leicht übersehen, nämlich die Qualitätskontrollen. Sie gliedern sich in zwei große Kategorien: Die Ringversuchsmaterialien für die externe Qualitätskontrolle stammen in Deutschland von den beiden akkreditierten Institutionen INSTAND1 und RfB2 und kommen nur quartalsweise zum Einsatz; Materialien für die interne Qualitätskontrolle können dagegen von den unterschiedlichsten Anbietern bezogen werden und müssen bei jeder Analysen­serie mitgeführt werden.

 

Erheblicher Kostenfaktor

Vor allem die internen Kontrollen schlagen je nach Serienlänge mit 20% und mehr der Materialkosten eines Labors deutlich zu Buche. Bei Groß­geräten, die rund um die Uhr in Betrieb sind, wird in der Regel alle acht Stunden eine Kontrolle im Referenzintervall und eine weitere in der Nähe der Entscheidungsgrenze eingesetzt, manchmal sogar noch eine dritte im deutlich pathologischen Bereich – und das für jeden gemessenen Analyten. Bei sehr kurzen Serien können die Kontrollmessungen letztlich mehr als die Reagenzien für die Patientenproben kosten.

Die relativ hohen Preise müssen allerdings im Verhältnis zu dem nicht unerheblichen Produktionsaufwand betrachtet werden, denn Herstellung und Logistik von Kontroll­materialien sind keineswegs tri­vial. Eine große Herausforderung liegt allein schon in der Wahl einer stabilen Matrix, die sich auf möglichst vielen Analysengeräten wie natives Patienten­material verhält. Aber auch die Ermittlung von Zielwerten für eine Vielzahl kommerziell verfügbarer Systeme ist für die neutralen Hersteller deutlich aufwendiger als für Systemanbieter, die nur Werte für wenige eigene Geräte bereitstellen müssen.

 

Verfahrensbedingte Unterschiede

Wie groß die Herausforderung geräteübergreifender Sollwerte ist, kann man leicht aus den Charts ablesen, die von den beiden großen Ringversuchsorganisationen im Internet publiziert werden. Es gibt dort sehr homogene und stabile Analyte wie etwa die Elektrolyte, die von Gerät zu Gerät nur geringe Abweichungen zeigen, aber auch „Allerwelts­parameter" wie die alkalische Phosphatase, bei denen die verschiedenen Verfahren in weit auseinanderliegenden Wertegruppen clustern (Abb. 1) und sowohl die Sollwerte als auch die Schwankungsbreiten von Gerät zu Gerät stark variieren können (Abb. 2).

Eine Auswahl von Testkit-unabhängigen Multianalyt­kontrollen für die Klinische Chemie, Immunchemie und Infektions­serologie wie auch spezieller Untersuchungs­materialien von Urin und Liquor bis zu fixierten Zelllinien für die Onkologie findet sich auf dieser und der nächsten Doppelseite. Idealerweise wird ein Labor stets bemüht sein, solche neutralen Kontrollen einzusetzen, um zu vermeiden, dass ein Hersteller beispielsweise die Sollwerte der Kalibratoren und Kontrollen aufeinander abstimmt, um die Zielwerte zu erreichen. Da allerdings bei der Anschaffung eines neuen Analysensystems häufig ein Preis pro Befund vereinbart wird, in dem alle Verbrauchs­materialien enthalten sind, stammen letztlich dennoch viele Kontrollmaterialien – insbesondere diejenigen für große Serien – direkt vom Systemanbieter.

 

Spezielle Materialien

Eine besondere Herausforderung stellen Kontrollmaterialien für Labor­bereiche dar, in denen mit intakten Zellen gearbeitet wird. Dies betrifft keineswegs nur Spezial­untersuchungen, sondern zum Beispiel die gesamte Hämatologie. Hier ändern sich durch die Stabilisierung (Fixierung) des Materials die physikalischen Eigenschaften der Partikel wie Größe und Lichtstreuung, und auch biochemische Charakteristika wie etwa die Reaktivität von Oberflächenantigenen bei der Durchflusszytometrie. Deshalb erfordert gerade in der zellulären Diagnostik die Auswahl von Kontrollmaterialien große Expertise auf Seiten des Labors.

Um die Probleme mit künstlichen Materialien zu umgehen, besinnen sich in diesem Bereich einige Anwender wieder auf die (früher durchwegs übliche) Strategie, ihre internen Kontrollen selbst herzustellen. Als Ausgangsmaterial kommen beispielsweise Blutkonserven oder gepoolte Reste von Patientenblut infrage. Bei empfindlichen Funktionstests wie etwa dem „oxidativen Burst" (Phagozytose-Test) kommt man häufig nicht umhin, nach Alter und Geschlecht gematchte gesunde Kontrollpersonen zur Ader zu lassen.

In der immunologischen Diagnostik besteht das Kernproblem der Qualitätskontrolle oft in der mangelnden Verfügbarkeit geeigneter Seren. Manche Materialien müssen verdünnt werden, wodurch sich ihre Matrix ändert. Zudem ist die Pathologie hinter den beobachteten Reaktivitäten oft unklar, wenn es wie bei Autoimmunerkrankungen oder Allergien eine Vielzahl potenzieller Ziel­antigene gibt. Hier können die wenigen „funktionierenden" Seren oftmals lediglich exemplarisch zur Prozesskontrolle eingesetzt werden.

 

Fazit

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die interne Qualitätskontrolle mit vom Testkit unabhängigen Materialien eine anspruchsvolle Aufgabe ist, die einiges an Expertise verlangt und fachlich durchaus befriedigend sein kann.

 

Prof. Dr. med. Rudolf Gruber, Regensburg
Mitglied der Redaktion

Prof. Dr. med. Ulrich Sack, Leipzig

PD Dr. med. Matthias Orth, Stuttgart

Mitglieder des Fachbeirats

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