Hepatitis C ist heilbar
Fortschritte der Virologie
Die chronische Hepatitis C wird häufig zufällig erkannt und ist mit einer hohen Rate an Leberzirrhosen und -karzinomen belastet. Seit Kurzem stehen direkte antivirale Medikamente (DAA) mit sehr guter Verträglichkeit zur Verfügung, die eine Ausheilung innerhalb von zwölf Wochen ermöglichen. Sogar Zirrhose-Patienten profitieren davon.
Schlüsselwörter: HCV, Protease-Inhibitoren, NS5A-und NS5B-Inhibitoren
Nach Angaben der WHO sind 130 bis 170 Millionen Menschen, sprich drei bis vier Prozent der Weltbevölkerung, mit Hepatitis C infiziert[1]. In Deutschland liegt die Rate mit etwa 0,3% deutlich tiefer; dennoch ist diese Erkrankung in Europa der häufigste Grund für ein hepatozelluläres Karzinom und eine Lebertransplantation – beides Folgen der chronischen Entzündung, die nach vielen Jahren zur Leberzirrhose führt.
Das humanspezifische Virus wird hauptsächlich durch Blut übertragen, wenn infiziertes Blut direkt in die Blutbahn beim Gesunden oder auf verletzte Haut oder Schleimhaut gelangt. Lässt sich der Übertragungsweg ermitteln, sind am häufigsten intravenös Drogenabhängige betroffen (87%), gefolgt von homosexuellen Männern und Dialyse-Patienten. In jedem vierten Fall bleibt der Übertragungsweg allerdings ungeklärt.
Diagnostik
Die chronische Hepatitis C, die nach sechs Monaten nicht spontan ausheilt, wird meist zufällig erkannt. Leicht erhöhte Transaminasen zwischen 50 und 100 U/l wecken einen Anfangsverdacht, der durch HCV-Antikörper erhärtet und durch den Nachweis der HCV-RNA bestätigt wird. Meist bestimmt man zur Auswahl geeigneter Medikamente parallel sofort Genotyp und Viruslast (z. B. 1 Mio. IU/ml). Beide Parameter korrelieren mit der Heilungschance, der Genotyp zudem mit der Schwere der Leberentzündung. Einfache Laborparameter helfen, das Ausmaß der Leberschädigung und die Folgen für den Gesamtorganismus abzuschätzen (u. a. Albumin, INR, Bilirubin). Durch serologische Tests sind weitere Ursachen zu erkennen bzw. auszuschließen (v. a. Hepatitis B, Hämochromatose, Autoimmunhepatitis, primär biliäre Cholangitis u. a.). Die Leberbiopsie wird heute weitgehend durch die sonografische Lebersteifigkeitsmessung (FibroScan, FibroTest, AFRI) ersetzt. Zusammen mit dem Arztkontakt belaufen sich die Kosten einer umfassenden Diagnostik inklusive Ultraschall auf gut 300 €.
Nicht selten wird eine chronische Hepatitis C leider erst dann erkannt, wenn Zeichen der Leberzirrhose augenfällig werden: Aszites, Ösophagusvarizenblutung, hepatische Enzephalopathie, Ikterus oder ein hepatozelluläres Karzinom. Deshalb hat sich ein Screening auf Hepatitis C bei Patienten mit unklarer Erhöhung der GPT, bei i. v.-Drogenabhängigen sowie Empfängern von Blutprodukten vor dem Jahr 1992 als sinnvoll erwiesen. 85% der 18- bis 59-Jährigen mit Hepatitis C erfüllten eine dieser Voraussetzungen[2]. Zur Risikogruppe zählen auch Migranten aus Hochprävalenzregionen (z. B. Ägypten), Menschen aus den ehemaligen Ostblockländern (z. B. Mongolei), Tattoo- und Piercing-Träger sowie Inhaftierte.
Therapie
Bereits vor der Entdeckung des Hepatitis-C-Virus im Jahre 1989 wurden Patienten mit erhöhten Leberwerten, bei denen man eine Non-A-non-B-Hepatitis vermutete, erfolgreich mit Interferon behandelt. Die Transaminasen stiegen jedoch nach Ende der Therapie wieder an. In den 2000er-Jahren wurde das täglich zu injizierende Interferon durch die pegylierte Form (PEG-IFN-alpha) mit wöchentlicher Gabe abgelöst. Ohne den Wirkmechanismus bis heute erklären zu können, profitierten Patienten durch die zusätzliche tägliche Gabe des Nukleosidanalogons Ribavirin. So ließ sich die Heilungsrate zu Beginn des neuen Jahrtausends auf über 50% steigern (Abb. 1). Dies gelang jedoch nur mit einer nebenwirkungsreichen und über sechs bis 18 Monate dauernden Behandlung.
Aktuelle eindrucksvolle Fortschritte beruhen auf direkt antiviral wirksamen Substanzen (direct antiviral agents, DAA), die in der Zellkultur mithilfe des von Prof. Bartenschlager und seiner Arbeitsgruppe 2005 entwickelten, nobelpreisverdächtigen Replikon-Systems entdeckt wurden[3]. Sie greifen an drei Zielmolekülen des Hepatitis-C-Lebenszyklus an: der HCV-NS3/4A-Protease, dem HCV-NS5A-Protein und der NS5B-HCV-Polymerase (Abb. 2).
Seit 2014 sind zehn direkt wirksame Substanzen in Europa zugelassen[4]. Dazu gehören der nukleosidische Polymeraseinhibitor (NI) Sofosbuvir und der nicht-nukleosidische (NNI) NS5B-Polymeraseinhibitor Dasabuvir, fünf NS5A-Inhibitoren (Daclatasvir, Ledipasvir, Ombitasvir, Velpatasvir, Elbasvir), zwei reine NS3A-Proteaseinhibitoren (Simeprevir, Paritaprevir) sowie das als Zweitgenerationswirkstoff bezeichnete Grazoprevir, das die NS3/4A-Protease hemmt. Alle diese Substanzen haben eine hervorragende antivirale Wirkung. Nebenwirkungen sind selten. Müdigkeit, Kopfschmerzen und Übelkeit zwingen nicht zum Abbruch der Behandlung, wie das bei früheren Interferon- und Ribavirin-Therapien häufig der Fall war.
Auch ohne Gabe von Interferon wurden mit den neuen Wirkstoffen in unterschiedlichen Patientengruppen durchwegs anhaltende Heilungsraten (sustained virological response, SVR) von über 90% erzielt; selbst für Patienten mit Leberzirrhose liegt der mittlere SVR-Wert bei 91%. Das nebenwirkungsreiche Interferon ist somit vollständig entbehrlich geworden. Ribavirin dagegen kann bei bestimmten Patientenkollektiven zusätzliche Heilungschancen bringen.
Die Medikamente sind mit ein bis maximal zwei oralen Gaben pro Tag einfach einzunehmen. Als Therapie-Kontrolle reicht eine HCV-RNA-Testung, die 12 Wochen nach Ende der antiviralen Therapie erfolgt (SVR 12). Ein negativer Befund zeigt die Heilung an.
Dr. med. Klaus Muehlenberg
Klinik für Gastroenterologie und
interventionelle Endoskopie
KH Barmherzige Brüder Regensburg
klaus.muehlenberg@
barmherzige-regensburg.de