Proaktive Diagnostik ist entscheidend

Testsysteme für die Infektions- und Sepsisdiagnostik

Solange es keine spezifische Sepsistherapie gibt, bleibt eine proaktive Diagnostik die wichtigste Maßnahme, um das drohende Organversagen zu verhindern oder zumindest frühzeitig zu erkennen. Aktuelle Testsysteme legen deshalb vor allem Wert auf schnelle Ergebnisse und einfache Durchführbarkeit.
Schlüsselwörter: Sepsis, POCT, Blutkultur, Erregernachweis, Entzündungsmarker, Organmarker, Risikomarker

Anfang 2015 publizierte die renommierte Lancet Infectious Diseases Commission eine Bestandsaufnahme zur Diagnostik und Therapie der Sepsis[1], deren ernüchternde Kernaussage lautet: Es gibt derzeit weder eine spezifische Sepsistherapie, noch lassen die gegenwärtigen Modelle der klinischen Forschung auf eine baldige Verbesserung der Situation hoffen. Zwar listen die Autoren eine Reihe innovativer Wirkstoffe wie etwa C5-Inhibitoren oder rekombinantes Thrombomodulin auf, doch diese befinden sich erst in klinischen und präklinischen Studien und haben somit für den intensivmedizinischen Alltag noch keine Relevanz.
Aus der unbefriedigenden therapeutischen Situation resultiert zwangsläufig eine verstärkte Fokussierung auf diagnostische und präventive Maßnahmen zur Früherkennung, Infektionsbekämpfung und Unterstützung der Vitalfunktionen.Einen Überblick über die Optionen für das mikrobiologische und klinisch-chemische Labor gibt die Abbildung unten, die auf dem PIRO-Schema[1] (Predisposition, Infection, Response, Organ Dysfunction) basiert. Entlang der Abfolge „Infektion – Inflammation – Sepsis“ lassen sich die aktuell verfügbaren Test­sys­teme für die Sepsis­diagnostik übersichtlich anordnen.

Infektion
Die allererste diagnostische Maßnahme ist die Abnahme von mindes­tens zwei Blutkulturen (aerob/anaerob) vor Beginn der antimikrobiellen Therapie[2] mit dem Ziel einer raschen Erregeridentifikation. BD, einer der Marktführer für Blutkulturautomaten, arbeitet schon seit 2010 mit Bruker zusammen, um mittels Massenspektrometrie (MALDI-TOF) eine umfassende Erregerbestimmung direkt aus der positiven Kulturflasche zu ermöglichen (S. 54). Sehr schnelle molekularbiologische Ergebnisse innerhalb von Minuten liefern isotherm arbeitende Assays, da sie keinen Thermocycler benötigen – zum Beispiel die nebenstehend beschriebene SIBA-Technik von Mikrogen.

Entzündung

Der kritischste Abschnitt des klinischen Verlaufs ist der zentrale Teil nebenstehender Abbildung am Übergang von der regulierten Entzündung in den septischen Zustand. Hier sollte eigentlich der Fokus aller medizinischen Anstrengungen liegen, um das nachfolgende Kreislauf- und  Multiorganversagen zu verhindern. Doch genau an dieser Stelle befindet sich der blinde Fleck der Sepsisforschung: Hier gibt es weder spezifische diagnostische Kriterien noch eine kausale Therapie.
Deshalb kommen in dieser Phase Surrogatmarker zum Einsatz, mit denen sich zumindest das Ausmaß der Entzündung und damit das Risiko einer drohenden Sepsis abschätzen lassen. Als klassische Entzündungsmarker sind C-reaktives Protein und Blutbild zu nennen, die von Axonlab auch als POC-Kombitest aus einem Röhrchen angeboten werden (S. 53).
Das Procalcitonin (PCT) bewerten Empfehlungen und Leitlinien deutlich höher, da es stärker mit der bakteriellen Infektion und dem Erfolg der Antibiotikatherapie korreliert ist[3]. Als schnelle POC-Variante wird dieser Marker u. a. von Radiometer auf dem AQT90FLEX angeboten (S. 53). Auf der Heftrückseite finden Sie eine Liste weiterer PCT-Applikationen von Thermo Fisher, die von der Intensivstation über das Zentral­labor bis zur Forschung reichen. Der hochempfindliche luminometrische PCT-Test kann auf speziellen Geräten, etwa als Kartuschentest auf dem Lumipulse G von Fujirebio (S. 48) durchgeführt oder auf Routinegeräten (BioMérieux, Diasorin, Roche, Siemens) adaptiert werden.

Weitere Biomarker
Mit dem Pathfast-Gerät deckt Axonlab (S. 53) den Bereich von der entgleisten Entzündung bis zur Organdysfunktion ab: Das hochempfindliche Gerät weist zum einen Präsepsin (PSEP) als Entzündungsmarker bei bakteriellen Infektionen nach, der noch schneller als PCT ansteigt. Dazu kommen auf diesem Gerät – ebenso wie auf dem AQT90FLEX von Radiometer – verschiedene Organ- und Gerinnungsmarker wie Troponin, proBNP oder D-Dimer zum Einsatz. Zu erwähnen ist schließlich das noch junge Diagnostikunternehmen sphingotec mit zwei innovativen Biomarkern für schwere Sepsisverläufe (S. 55): Adrenomedullin (ADM) zeigt frühzeitig einen drohenden Schock an, und das stabile Enkephalin-Peptid penKid weist deutlich früher als Kreatinin auf ein beginnendes Nierenversagen hin.  

Literatur

Prof. Dr. med. Georg Hoffmann

Dr. Gabriele Egert

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