Gastkommentar: Virale Katalyse

Verwundert reibt man sich die Augen: Gerade haben wir uns an den Gedanken gewöhnt, dass trackbasierte Automations­systeme die medizinischen Labore fast jeglicher Größe erobern – und dass POCT-Geräte folglich doch wohl eher eine Nische bleiben. Doch nun zeigt uns ein Virus als Katalysator, wie schnell leistungsfähige, miniaturisierte Systeme für die aufwendige Nukleinsäuretestung (NAT) weiterentwickelt werden können, wenn der Druck auf das Gesundheitssystem hoch genug ist. Der von mir hochgeschätzte Autor dieses Leitartikels und seine Koautorin wissen genau, wovon sie sprechen, wenn sie die Stärken und Schwächen der neuen Knopfdruck-Geräte darstellen und zugleich höflich auf die Gefahren dieser rasanten Entwicklung hinweisen.
Plötzlich steht in vielen Notaufnahmen der Republik ein Kassettensystem für SARS-CoV-2, und in vielen kleineren Kliniklaboratorien wird aus der schieren Not heraus zum ersten Mal molekularbiologisch gearbeitet. Aber NAT ist eben doch hochspezialisierte Labordiagnostik, die mehr Know-how erfordert, als nur ein Ergebnis abzulesen. Als eine von vielen Herausforderungen seien falsch-positive Ergebnisse in den Ringversuchen genannt, die auf Spuren von Kontaminationen hinweisen – Spuren, die in der Klinischen Chemie noch längst keine Fehlerquelle wären. Der Leitartikel lässt keinen Zweifel: Nur eingebettet in ein lebendes POCT-Qualitätsmanagement mit intensiver Schulung aller Beteiligten kann diese „virale Kata­lyse“ in geordnete Bahnen gelenkt werden.

 

Harald Maier

InnKlinikum Altötting und Mühldorf
harald.maier@innklinikum.de

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