Etwa ein Viertel aller Patient:innen mit Mammakarzinom entwickelt im Laufe der Erkrankung Metastasen. Das Wiederauftreten der Krebserkrankung ist für die Betroffenen ein Schock und eine niederschmetternde Diagnose. Für sie gilt es nun, mit der Unheilbarkeit der Erkrankung und der Notwendigkeit einer lebenslangen onkologischen Therapie fertig zu werden.
Der Schwerpunkt dieser Ausgabe von Trillium Krebsmedizin zum metastasierten Mammakarzinom konzentriert sich auf die systemische Therapie. Diese richtet sich nach der Tumorbiologie, zunächst also nach dem intrinsischen Subtyp, ergänzt durch verschiedene Biomarker. So enthält das Heft je einen Artikel zum metastasierten Hormonrezeptor-positiven, HER2-positiven und triple-negativen Mammakarzinom. Biomarker-Testungen meinen im Unterschied zur Primärdia-gnostik, wo konventionelle immunhistochemische Methoden zumeist ausreichend sind, in der Rückfallsituation überwiegend molekulargenetische Analysen. Dabei sollte eine Reflextestung einiger therapierelevanter Biomarker – BRCA-Keimbahnmutationsstatus, PIK3CA- und PD-L1-Status – erfolgen, ggf. auch die Testung auf eine NTRK-Genfusion. Sind alle Standardtherapiemöglichkeiten ausgeschöpft, können weiterführende genetische Analysen im Rahmen eines interdisziplinären, molekularen Tumorboards infrage kommen.
Nach einer kurativ intendierten Erstlinientherapie rezidivierte Mammakarzinome weisen meist eine deutlich aggressivere Tumorbiologie auf als primär metastasierte Karzinome und lassen sich schwieriger behandeln. Grund hierfür sind die heute deutlich intensiveren (neo)adjuvanten Therapien in frühen Krankheitsstadien, zumindest bei Patient:innen mit Risikokonstellationen. So stellen Hirnmetastasen heute vor allem beim HER2-positiven und triple-negativen Subtyp ein erhebliches Problem in der Therapie der fortgeschrittenen Erkrankungsstadien dar, weshalb der Behandlung von Hirnmetastasen ein eigener Artikel gewidmet ist. Insbesondere mit Blick auf die häufig intensive systemische Vorbehandlung von Patient:innen ist die Entwicklung neuer Medikamente wichtig, um den Betroffenen neue Hoffnung geben zu können. So werden die Übersichtsartikel von einem Kongressbericht von Birgit-Kristin Pohlmann vom ESMO Breast 2022 ergänzt, der aktuelle Studiendaten zur Therapie des metastasierten und des frühen Mammakarzinoms enthält.
Neben der Krankheitskontrolle gewinnen die Symptomkontrolle und der Erhalt der Lebensqualität der Betroffenen in der metastasierten Situation an Bedeutung. Im Idealfall sollte es die Therapie den Patient:innen ermöglichen, ihren Alltag weitgehend normal zu gestalten. Wichtig sind also auch ein proaktives Therapiemanagement, die Überwachung auf Nebenwirkungen der Therapie und die frühe Intervention bei unerwünschten Ereignissen. Um den Blick von uns Behandelnden auch auf die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen zu lenken, enthält dieses Schwerpunktheft zum metastasierten Mammakarzinom auch ein Interview mit Petra Voiß aus Essen zu komplementärmedizinischen Maßnahmen bei Brustkrebspatient:innen. Diese sollen die Wirksamkeit der onkologischen Standardtherapie unterstützen, indem sie Nebenwirkungen lindern, die Lebensqualität verbessern und die Belastbarkeit der Betroffenen stärken.
Neben uns beiden haben Diana Lüftner aus Buckow, Marcus Schmidt aus Mainz und Florian Schütz aus Speyer die Übersichtsartikel dieses Schwerpunkts als Autor:innen gestaltet, denen wir und die Redaktion hiermit unseren herzlichen Dank aussprechen wollen.