Marburger Chemiker haben eine neuartige Verbindung hergestellt, die Tumoren unter Lichteinwirkung gezielt durch Abgabe von aggressivem Sauerstoff zerstört. Bei der photodynamischen Therapie von Tumoren oder anderen Gewebeveränderungen gibt ein lichtempfindlicher Photosensibilisator, der sich im Gewebe anreichert, angeregt durch eingestrahltes Licht giftige Substanzen ab, die das Tumorgewebe schädigen. Wegen unerwünschter Nebenwirkungen bisheriger Photosensibilisatoren suchte das Marburger Team nach Molekülen mit zwei Eigenschaften: Sie sollten gezielt in krankhaftem Gewebe anzuschalten sein und aggressiven Sauerstoff abgeben, wenn man sie mit Licht bestrahlt. Durch computerchemische Berechnungen ließ sich vorhersagen, dass ein Tetrazin-Motiv den Photosensibilisator inaktivieren könnte und dass sich dieser Effekt auch umkehren ließe. Tetrazine – ringförmige Moleküle aus Kohlenwasserstoff und Stickstoff, die bislang nicht für Photosensibilisatoren verwendet wurden – wandeln sich erst durch eine Reaktion innerhalb der Zelle zu wirkungsvollen Photosensibilisatoren.
In Zellkultur funktioniert der Ansatz: Nach Aktivierung des ruhenden Photosensibilisators im Zellkern von Krebszellen und Bestrahlung mit Licht wurden die Zellen tatsächlich abgetötet. Die neuartigen Photosensibilisatoren bieten nach Ansicht der Autoren bislang unbekannte Möglichkeiten, um den aktuellen Einschränkungen der photodynamischen Therapie entgegenzuwirken und Alternativen für eine intelligente photodynamische Therapie zu eröffnen.
Josef Gulden