Bis zu 30% aller Patientinnen mit Mammakarzinom entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung Hirnmetastasen, und die Inzidenz nimmt wegen der immer wirksameren systemischen Therapien und längeren Überlebenszeiten zu. Bisher gibt es keine zugelassene Chemotherapie, die speziell für diese Indikation indiziert wäre. Dabei versterben 80% dieser Patientinnen innerhalb von neun Monaten nach Diagnose der Hirnmetastasen. Etirinotecan Pegol ist langwirksamer, pegylierter Topoisomerase-I-Hemmer, der aufgrund seiner speziellen chemischen Struktur im Gegensatz zu den meisten anderen Chemotherapeutika die Blut-Hirn- und die Blut-Tumor-Schranke rasch penetriert und sich im intrakraniellen Tumorgewebe anreichert.
In der Phase-III-Studie BEACON wurde Etirinotecan Pegol als Monotherapie bei insgesamt 852 Patientinnen mit Mammakarzinom, die bereits ein Anthrazyklin, ein Taxan und Capecitabin erhalten hatten, randomisiert gegen eine Monochemotherapie nach Wahl des behandelnden Arztes getestet, so Véronique Diéras, Paris. Beim Gesamtüberleben wurde ein Vorteil des Topoisomerase-I-Hemmers gefunden, der mit median 12,4 versus 10,3 Monaten allerdings nicht signifikant ausfiel (Hazard Ratio 0,872; p = 0,0835; [1]). In einer bislang nicht publizierten Subgruppenanalyse stachen allerdings Patientinnen mit Hirn- und Lebermetastasen durch deutlich höhere Wirksamkeit hervor, so Frau Diéras: Beim Vorliegen von Hirnmetastasen (bei 67 Patientinnen) war der Überlebensvorteil mit median 10,0 versus 4,8 Monaten sehr wohl signifikant (HR 0,511; p = 0,0099), ebenso bei Lebermetastasen (10,9 vs. 8,3 Monate; HR 0,73; p = 0,002). Unter der Substanz, die alle drei Wochen mit 145 mg/m2 gegeben wurde, zeigten sich weniger Toxizitäten vom Grad 3 oder höher als im Kontrollarm (48% vs. 63%; p < 0,001) sowie eine Verbesserung der Lebensqualität.
Dieser Ansatz soll nun in einer weiteren Phase-III-Studie, der ATTAIN-Studie überprüft werden, in der 350 Patientinnen mit Mammakarzinom und stabilen Hirnmetastasen, die zuvor ein Anthrazyklin, ein Taxan und Capecitabin erhalten haben, randomisiert entweder Etirinotecan Pegol oder eine andere zugelassene Monochemotherapie (Eribulin, nab-Paclitaxel, Paclitaxel, Vinorelbin, Gemcitabin, Docetaxel oder Ixabepilon) bekommen sollen. Primärer Endpunkt ist das Gesamtüberleben.
Daneben gibt es erste klinische Hinweise darauf, dass Etirinotecan Pegol auch bei primären Hirntumoren wie malignen Gliomen wirksam ist, die beispielsweise auf Bevacizumab nicht angesprochen haben [2].
Josef Gulden
Literatur
1. Perez EA et al. Etirinotecan pegol (NKTR-102) versus treatment of physician's choice in women with advanced breast cancer previously treated with an anthracycline, a taxane, and capecitabine (BEACON): A randomised, open-label, multicentre, phase 3 trial. Lancet Oncol 2015; 16: 1556-68.
2. Nagpal S et al. Phase II pilot study of single-agent etirinotecan pegol (NKTR-102) in bevacizumab-resistant high grade glioma. J Neurooncol 2015; 123: 277-82.
Pressegespräch anlässlich des Kongresses der European Society for Medical Oncology (ESMO) am 09.10.2016 in Kopenhagen, veranstaltet von Daiichi Sankyo Europe GmbH, München.