Fortschritte in der Therapie maligner Hirntumoren und zerebraler Metastasen
Editorial
Obwohl maligne Gliome nach wie vor als unheilbar gelten, hat sich doch ihre Prognose in den letzten Jahren deutlich verbessert. Das hat sicherlich mehrere Gründe:
• So konnte im letzten Jahrzehnt der Stellenwert der Chirurgie in der Therapie von Gliomen bestimmt und gezeigt werden, dass eine möglichst vollständige Resektion mit einem verbesserten progressionsfreien Überleben einhergeht. Ferner sind innovative Techniken inzwischen Standard in großen neuroonkologischen Zentren: Mit 5-Aminolävulinsäure kann man bösartige Tumoren zum ersten Mal gut intraoperativ darstellen. Eine direkte Tumordarstellung ist darüber hinaus auch über ein intraoperatives Kernspintomogramm (MRT) möglich. Ob eine der beiden Techniken überlegen ist, werden künftige Studien zeigen.
• Daneben konnte aber auch die adjuvante Therapie verbessert werden. Die standardmäßige Einführung der kombinierten Radio-/Chemotherapie nach dem Stupp-Protokoll trug ebenso zu einer Verbesserung der Prognose von Patienten mit malignen Gliomen bei wie engere Nachsorge-Intervalle. Ferner lassen sich inzwischen molekularbiologische Marker bestimmen, die eine Einschätzung des Ansprechens auf Chemotherapeutika ermöglichen.
• Außerdem hat sich die neurologische Bildgebung deutlich verbessert: Präoperativ können nicht nur der Tumor und seine Position im Gehirn, sondern auch funktionelle Hirnareale und Faserverbindungen mithilfe der MRT dargestellt werden. Zusätzliche bildgebende Verfahren wie die Positronenemissions-Tomografie (PET) geben nicht nur Einblicke in strukturelle Veränderungen im Gehirn, sondern auch in die Stoffwechsellage von Zellen und ermöglichen es, zwischen schnell und eher langsam wachsenden Tumoren oder postoperativ zwischen Tumor und Narbengewebe zu unterscheiden.
Trotz aller Neuerungen bleiben zahlreiche Fragen offen: Die Biologie maligner Gliome ist immer noch unzureichend verstanden. Weitere Einblicke hier könnten mit Sicherheit neue Therapieansätze ermöglichen. Der Stellenwert vieler innovativer Therapieansätze wie beispielsweise von Vakzinierungstherapien bei malignen Gliomen muss erst noch bestimmt werden; die Ergebnisse der kommenden prospektiv-randomisierten Studien darf man deshalb mit Spannung erwarten.
Hirnmetastasen
Zerebrale Metastasen sind die häufigsten bösartigen Tumoren des Hirns, waren aber im Gegensatz zu den Gliomen lange Zeit kaum ein Forschungsschwerpunkt. Dies scheint sich momentan zu ändern: Auch bei Patienten mit zerebralen Metastasen hat sich die Prognose in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Zu einem Großteil liegt das sicherlich auch an den deutlich besseren Möglichkeiten, die Grunderkrankung zu therapieren. Ziel bei der Optimierung der Behandlung zerebraler Metastasen sollte aus neuroonkologischer Sicht sowohl eine verbesserte lokale (und distante) Kontrolle als auch die Minimierung von Nebenwirkungen sein – v. a. einer etwaigen Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Hier sind sowohl die Neurochirurgie als auch die Strahlentherapie gefordert:
• Neue Operationsstrategien, z. B. die supra-marginale Resektion zerebraler Metastasen unter Assistenz moderner elektrophysiologischer und neurologischer Monitoring-Methoden, sind genauso zu evaluieren wie
• neue strahlentherapeutische Konzepte – etwa die postoperative alleinige Bestrahlung der Resektionshöhle mit dem umliegenden Tumorbett. Erste retrospektive Untersuchungen suggerieren, dass man so vielleicht die lokale Kontrolle verbessern und die Nebenwirkungen minimieren kann. Weiter wird die Aussparung des Hippocampus bei der Ganzhirnbestrahlung untersucht, um dadurch kognitive Defizite zu vermindern. Auch hier darf man auf die Ergebnisse der bereits initiierten und geplanten prospektiv-randomisierten und kontrollierten Studien gespannt sein.
Michael Sabel
Universitätsklinikum Düsseldorf
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