Neben der Wirksamkeit von Krebsmedikamenten ist auch die Lebensqualität während der Therapie von großer Bedeutung – etwa beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom, wo durch Knochenmetastasen bedingte Schmerzen oder Fatigue häufig im Vordergrund stehen. Der Androgensynthese-Hemmer Abirateronacetat (Zytiga®) kann beim metastasierten und kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) sowohl das Überleben verlängern als auch die Lebensqualität signifikant verbessern.

Eingesetzt wird Abirateronacetat in Kombination mit Prednison/Prednisolon unter anderem zur Behandlung des nicht oder mild symptomatischen mCRPC nach einem Versagen der Androgendeprivations-Therapie, wenn eine Chemotherapie noch nicht indiziert ist, wo es in der Phase-III-Studie COU-AA-302 gegenüber Placebo plus  Prednison/Prednisolon sowohl das Gesamtüberleben (Hazard Ratio 0,81; p = 0,0033) als auch das radiologisch progressionsfreie Überleben signifikant verlängern konnte (HR 0,52; p < 0,0001; [1, 2]). Darüber hinaus würden aber laut Jürgen Gschwend, München, auch tumorbedingte Schmerzen signifikant gelindert: Der Beginn einer Opiattherapie konnte in der Abirateron-Gruppe gegenüber Placebo signifikant um zehn Monate verzögert werden (HR 0,72; p < 0,0001; [1]). Auch die Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten durch die Schmerzen trat in der Verumgruppe signifikant später ein (HR 0,8; p = 0,005; [2]). Festgestellt wurde das mithilfe des Brief Pain Inventory-Short Form (BPI-SF), der misst, wie sehr sieben Alltagsaktivitäten – von Schlaf über Arbeitsfähigkeit bis hin zu Lebensfreude – durch den Schmerz beeinflusst wurden.

Weniger Funktionsverlust mit Abirateron

Die Verschlechterung der Lebensqualität durch die Erkrankung konnte durch den Androgensynthese-Inhibitor ebenfalls hinausgezögert werden [2]: Die Lebensqualität wurde dazu mit verschiedenen Instrumenten erfasst, darunter der FACT-G-Skala (Functional Assessment of Cancer Therapy–General), in der mit 27 Fragen die Bereiche körperliches, soziales/familiäres und seelisches Wohlbefinden sowie die Funktionsfähigkeit analysiert werden. Ergänzend werden mit der Prostate Cancer Subscale (PCS), die gemeinsam mit FACT-G die FACT-P-Gesamtskala bildet, anhand von zwölf Fragen tumorspezifische Aspekte wie Schmerzen oder Probleme mit dem Wasserlassen bzw. der Sexualität ermittelt.

Die Therapie mit Abirateronacetat habe signifikant die Verschlechterung in der FACT-G-Skala (p = 0,002), in der PCS (p < 0,0001) sowie in der FACT-P-Gesamtskala (p = 0,005) vermindert, so Gschwend. Die Überlegenheit war in allen Subskalen der FACT-G-Skala zu sehen (je p = 0,002) – außer beim familiären/sozialen Wohlbefinden [2].

Weniger Fatigue und skelettale Ereignisse

Auch in der Phase-III-Studie COU-AA-301 zur Zweitlinientherapie des mCRPC mit Abirateronacetat nach Versagen einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie wurde neben der Wirksamkeit die Lebensqualität untersucht. Gegenüber Placebo konnte Abirateronacetat hier bei Patienten mit einem klinisch signifikanten Maß an Fatigue zu Studienbeginn den Anteil derer signifikant reduzieren, bei denen es zu einer Beeinträchtigung des Alltags durch die Fatigue kam (p = 0,0075). Außerdem wurde der Anteil derer erhöht, bei denen sich die Fatigue-Intensität verminderte (p = 0,0001); die Verbesserung der Fatigue-Intensität sei durch den Androgensynthese-Hemmer zudem signifikant beschleunigt worden (p = 0,0117; [3]), so Gschwend.

Darüber hinaus konnte in der Gesamtpopulation unter Abirateronacetat im Vergleich zu Placebo das Auftreten eines ersten skelettalen Ereignisses (pathologische Frakturen, Bestrahlungen oder Operation am Knochen sowie Rückenmarkkompressionen) signifikant hinausgezögert werden (p = 0,0001; [4]). Knochenschmerzen und skelettale Ereignisse spielen beim mCRPC eine wichtige Rolle, weil die Metastasierung hier überwiegend in die Knochen erfolgt.

Abirateronacetat frühzeitig einsetzen
In einer Beobachtungsstudie, die Gschwend zuletzt vorstellte, erhielten knapp 140 Patienten nach Versagen von Abirateronacetat Enzalutamid. Bei knapp der Hälfte von ihnen (46%) kam es zu einem Abfall des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) um mehr als 30%, bei jedem dritten (33%) sogar von mehr als 50% [5]. Im Median war die Dauer der Enzalutamid-Therapie mit 2,8 Monaten vergleichsweise kurz, aber sie variierte zwischen einem und immerhin 14,7 Monaten. Man könne also davon ausgehen, dass die Sequenztherapie mit Abirateron­acetat, gefolgt von dem Androgenrezeptor-Inhibitor, zumindest bei einem Teil der Patienten sinnvoll sei, so Gschwend. Für den Einsatz von Abirateronacetat direkt nach Versagen der Androgendeprivation, also in der Erstlinientherapie des mCRPC, könnte laut Gschwend theoretisch sprechen, dass die Zielstruktur von Abirateron nicht der Androgenrezeptor, sondern die Hemmung der Synthese der Hormone ist. Mit dem frühen Einsatz von Abirateronacetat halte man sich womöglich die Option offen, in einer späteren Therapielinie mit Enzalutamid den An­drogenrezeptor zu inhibieren.

jfg

Literatur
1. Ryan CJ et al. Abiraterone acetate plus prednisone versus placebo plus prednisone in chemotherapy-naive men with metastatic castration-resistant prostate cancer (COU-AA-302): Final overall survival analysis of a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 study. Lancet Oncol 2015; 16: 152-60.
2. Rathkopf DE et al. Updated interim efficacy analysis and long-term safety of abiraterone acetate in metastatic castration-resistant prostate cancer patients without prior chemotherapy (COU-AA-302). Eur Urol 2014; 66: 815-25.
3. Sternberg CN et al. Fatigue improvement/reduction with abiraterone acetate in patients with metastatic CRPC post-docetaxel: Results from the COU-AA-301 phase 3 study. ECCO 2011: Abstract #7015.
4. Logothetis C et al. Effect of abiraterone acetate (AA) on pain control and skeletal-related events (SRE) in patients (pts) with metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC) post docetaxel (D): Results from the COU-AA-301 phase III study. J Clin Oncol 2011; 29 (15S): (ASCO 2011, Abstract #4520).
5. Vogelzang NJ et al. Abiraterone acetate followed by enzalutamide in chemotherapy-naïve metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC) treated in the US oncology community setting. J Clin Oncol 2015; 33 (15S): (ASCO 2015, Abstract #e16061).

Fachpressekonferenz „Lebensqualität von Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom“ am 7.7.2015 in München, veranstaltet von Janssen-Cilag GmbH, Neuss.