Ganz individuell

Sucht man im Internet nach einer Definition für personalisierte Medizin, wird man schnell fündig. Allerdings gehen diese Definitionen recht weit auseinander. Der Pschyrembel schränkt die personalisierte Medizin auf den Begriff der personalisierten Therapie ein: Diese ist definiert als eine für „den individuellen Patienten unter Berücksichtigung von molekularen Faktoren wie genetischen Varianten und Genexpression ausgewählte Therapie mit bestmöglicher Wirkung und möglichst geringer Nebenwirkung“ [1]. Nach Aussage von Doccheck Flexikon ist dies die übliche Definition; gängige Beispiele wie die Therapie des Mammakarzinoms abhängig vom HER2/neu-Status oder die Dosierung von 5-Fluorouracil abhängig von der Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Aktivität kommen aus der Krebsmedizin. Allerdings müssen die genetischen Varianten nicht unbedingt bei der betroffenen Person liegen: Bei Hepatitis C ist die Therapie beispielsweise vom Genotyp des Hepatitis-C-Virus abhängig [2]. Viel weiter und somit aus meiner Sicht korrekter gefasst ist die Definition des Bundesminis­teriums für Bildung und Forschung, nach der die personalisierte Medizin die biologischen Faktoren und Lebensstilfaktoren der einzelnen Person erfasst und hieraus den Weg zu maßgeschneiderten Therapien ableitet [3].

Dennoch sind wir uns wohl alle einig: Es ist in jedem Fall wünschenswert, eine Therapie bestmöglich und individualisiert auf eine Krankheit oder einen Krankheitserreger und auf den betroffenen Menschen zuzuschneiden. Beispiele finden wir derzeit vor allem in der Onkologie, wo ein Krankheitsverlauf unter anderem durch Liquid Biopsy und Single Cell Sequencing überwacht und so die Therapie optimal angepasst werden kann.

Die personalisierte Medizin ist aber längst nicht auf die Onkologie beschränkt; dies wird unter anderem beim Therapeutic Drug Monitoring (TDM) deutlich. Da bei vielen Medikamenten nicht sicher vorhergesagt werden kann, ob bei einer definierten Dosierung bei einer bestimmten Person eine wirksame Medikamentenkonzentration im Blut aufgebaut wird – oder auch toxische Konzentrationen erreicht, werden die Blutspiegel für Medikamente mit geringer therapeutischer Breite beim TDM überwacht. Hierzu zählen neben Antimykotika, Immunsuppressiva und Antiepileptika unter anderem auch Psycho­pharmaka.

Dem TDM durch die Verwendung ähnlicher Methoden eng verwandt ist unser Schwerpunktthema Klinische Toxikologie. Um Menschen mit Vergiftungen möglichst gut behandeln zu können, muss hier aus einer nicht enden wollenden Vielzahl von Giften wie Drogen, Medikamenten, K.-o.-Mitteln und Pflanzenstoffen das richtige Toxin gefunden werden. Hier zeigt sich einmal wieder deutlich: Eine gezielte Therapie ist ohne korrekte Diagnose nicht möglich.

Autor
Dr. med. vet. Sabine Ramspott
Chefredakteurin