Die Ankurbelung der Angiogenese, eine der „Hallmarks of cancer“ nach Hannahan und Weinberg, ist seit Längerem Ziel therapeutischer Interventionen, wenngleich mit eher mäßigem Erfolg. Vermutlich gibt es neben dem bisherigen Hauptangriffspunkt vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor (VEGF) noch zahlreiche andere pro-angiogenetische Faktoren. Einen, der vor allem im Tumor-Microenvironment exprimiert wird, hat nun eine japanische Arbeitsgruppe näher charakterisiert: Eine Form des extrazellulären Matrix-Glykoproteins Versican ist in der Nachbarschaft von Tumorgefäßen zu finden und vor allem mit den im Stroma befindlichen Makrophagen assoziiert, von denen es möglicherweise synthetisiert wird. Menschliche Tumor-Zelllinien (z. B. Melanom oder Lungenkrebs) weisen unterschiedliche Versican-Titer auf, die sich nach Implantation in Mäuse stark erhöhen. Eine Versican-defiziente Melanom-Zelllinie wuchs in den Tieren nur zu kleinen, schwach vaskularisierten Tumoren heran – ein Hinweis auf eine essenzielle Rolle von Versican bei der Tumor-Angiogenese.
Das in den Tumoren gefundene Versican stellt im Übrigen nur einen proteolytisch abgespaltenen Teil des gesamten Proteins dar und lässt sich von der normalen Variante gut unterscheiden. Daher kann man es eventuell therapeutisch hemmen, ohne die physiologische Angiogenese zu beeinflussen.
Josef Gulden