Zu Unrecht im Schatten
Analysensysteme für das kleine Labor
Seit rund 15 Jahren verstärkt sich die „Linksverschiebung“ in der Verteilungskurve deutscher Krankenhäuser: Mindestens ein Drittel ist so klein, dass sich ein eigenes Labor nicht lohnt, und höchstens ein Fünftel ist groß genug, um sich ein Zentrallabor mit typischen Analysensystemen, fachlicher Leitung, Rund-um-die-Uhr-Präsenz usw. leisten zu können. Dazwischen klafft eine enorme Lücke von mehreren 100 Häusern, bei denen die Entscheidung auf der Kippe steht: Für reines POCT1 sind sie zu groß, für ein klassisches Labor zu klein.
Auf der DGKL2-Jahrestagung 2014 wurde die Misere in mehreren Veranstaltungen angesprochen: Wer die gesamte Labordiagnostik auf POCT und Versand umstellt, erlebt oft eine böse Überraschung, denn nach kurzer Zeit steigt der Anteil der Notfalluntersuchungen von früher 20% auf 80%. Es folgen drei Stufen der Erkenntnis:
1. Klagen über das externe Labor
2. Überprüfung der eigenen Anforderungen
3. Wiedereinführung des Labors vor Ort.
Dieser Umweg lässt sich vermeiden, wenn man den über den Tag verstreuten Auftragseingang (siehe Abbildung oben) auf eine Kernzeit konzentriert und ein wirtschaftliches, auf die Bedürfnisse der Fachabteilungen abgestimmtes Testspektrum von einer MTA im Regeldienst abarbeiten lässt. Für die übrige Zeit sollte man je nach lokalen Gegebenheiten eine intelligente Mischung aus POCT, Rufbereitschaft, Verbundlösung, Kurierdienst etc. entwickeln. In Zusammenarbeit zwischen Klinikärzten und erfahrenen Laboranbietern entstehen so realitätsbezogene Modelle der Laborversorgung.
Für diese Konzepte werden allerdings Analysengeräte benötigt, die hinsichtlich Testmenü und Bedienerfreundlichkeit zwischen POCT und Großanalyzer angesiedelt sind. Gute Vorbilder sind die klassischen Stand-alone-Analyzer; sie müssen nur an die neuen Bedürfnisse angepasst werden, indem sie zum Beispiel aus der Ferne gewartet werden können oder schneller vom Stand-by zum ersten Ergebnis gelangen.
Das hiermit angesprochene untere bis mittlere Marktsegment steht zu Unrecht im Schatten: Immerhin deckt es ja den Löwenanteil der deutschen Krankenhäuser ab. Dazu kommen weitere Einsatzgebiete, beispielsweise in großen MVZs (Dialysezentren, Ärztehäuser) oder in peripheren Abteilungen von Universitätskliniken. Wir sind gespannt, wer bei dieser Entwicklung die Nase vorn haben wird.
1 Point-of-Care-Testing
2 Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin