Das muss die Fachwelt erst einmal verdauen: Unsere Nahrung löst im Dünndarm eine Immunantwort aus, die dadurch in Schach gehalten wird, dass die beteiligten Immunzellen absterben. Das hat ein Forschungsteam um den Marburger Immunologen Prof. Dr. Ulrich Steinhoff herausgefunden. Bisher galt es unter Fachleuten als ausgemacht, dass die Nahrung keine Immunantwort im Darm auslösen darf.
Verfolgt wurde das Schicksal von T-Zellen in den Peyer-Plaques. Die Forscher zeigten, dass die T-Zellen in den Peyer-Plaques Moleküle, wie sie für eine Immunreaktion typisch sind, produzieren und nach einer gewissen Zeit eine Apoptose unterlaufen. „Im Darm stellt sich ein Fließgleichgewicht wie bei einem Dorfbrunnen ein“, legt Steinhoff dar – „es werden dauernd neue Immunzellen durch die Nahrung aktiviert, und genauso viele durchlaufen den programmierten Zelltod und sterben ab.“
Der Immunblocker PD-1 ist dafür verantwortlich, die T-Zellen zur Apoptose zu veranlassen. Hemmt man die Aktivität von PD-1, so führt dies zu Darmentzündungen, weil die Immunzellen nicht absterben. „Das erklärt auch, warum Darmentzündungen häufig bei Patienten mit Melanomen auftreten, bei denen PD-1 durch Antikörper ausgeschaltet wird“, sagt Steinhoff. Weitere Untersuchungen zeigten, dass der programmierte Zelltod von nahrungsaktivierten Immunzellen das Markenzeichen eines gesunden Darms ist. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse im Fachblatt „Journal of Clinical Investigation“.
Visekruna et al., J Clin Invest. 2019, doi: 10.1172/JCI98929
Quelle: Pressemitteilung Philipps-Universität Marburg 05/2019