Gastrointestinale Tumoren: Links versus rechts beim CRC – langsam klärt sich das Bild

Mittlerweile sind so gut wie alle wichtigen neueren Studien zur systemischen Therapie des metastasierten CRC daraufhin analysiert worden – mit dem Ergebnis, dass eine linksseitige Lokalisation (meist definiert als zwischen der linksseitigen Kolonflexur und dem Rektum gelegen) mit einer günstigeren Prognose einhergeht als die rechtsseitige Lage. Außerdem bringt bei linksseitiger Lokalisation die Zugabe eines Anti-EGFR-Antikörpers zur Chemotherapie Vorteile gegenüber der Zugabe von Bevacizumab (einen RAS-Wildtyp des Tumors vorausgesetzt), während die Situation bei rechtsseitigen Tumoren weniger eindeutig ist. In einer eigenen Sitzung während des ESMO-Kongresses wurde das für die Panitumumab-Studien von Marc Peeters, Antwerpen, für die FIRE-3-Studie von Volker Heinemann, München, für die CRYSTAL-Studie von Eric van Cutsem, Leuven, und noch einmal für die CALGB-Studie von Heinz Josef Lenz, Los Angeles, bestätigt.

Die retrospektiven Analysen der Panitumumab-Studien beispielsweise wurden im Kongressprogramm von Nele Boeckx, Antwerpen, vorgestellt [1]: In der PEAK-Studie etwa erzielten Patienten mit linksseitigem Primärtumor mit RAS-Wildtyp unter einer Erstlinientherapie mit FOLFOX6 plus Panitumumab eine mediane Gesamtüberlebenszeit von 43,4 Monaten und damit 11,4 Monate mehr als mit FOLFOX6 plus Bevacizumab (HR 0,77); der Unterschied war hier, wohl aufgrund der geringen Patientenzahlen, nicht signifikant. In der PRIME-Studie hingegen war bei linksseitigen Tumoren mit RAS-Wildtyp das Überleben unter FOLFOX4 plus Panitumumab gegenüber der alleinigen Chemotherapie signifikant um 8,9 Monate verlängert (von median 23,6 auf 32,5 Monate; HR 0,67). Auch beim progressionsfreien Überleben war durch Panitumumab bei linksseitigen Primärtumoren in beiden Studien ein Vorteil von drei bis vier Monaten zu erkennen.

Etwa 80% der Tumoren waren auf der linken Darmseite lokalisiert. Rechtsseitige Kolonkarzinome haben generell eine schlechtere Prognose, aber auch sie sprachen – sofern sie einen RAS-Wildtyp hatten – interessanterweise auf Panitumumab/FOLFOX besser an als auf FOLFOX alleine (PRIME) bzw. FOLFOX/Bevacizumab (PEAK), ohne dass das jedoch in einem Vorteil bei progressionsfreiem oder Gesamtüberleben resultiert hätte, so Boeckx. Endgültige Empfehlungen zu Behandlungsregimes für diese Patienten mit rechtsseitigen RAS-Wildtyp-Tumoren können daher derzeit noch nicht gegeben werden.

Offenbar ist die Tumorlokalisation ein Surrogatmarker für Unterschiede zwischen links und rechts, was etwa Tumorbiologie und Mutationslast angeht. Die weitere Aufklärung dieser Zusammenhänge wird sicherlich dabei helfen, die Therapieentscheidungen bei Patienten mit metastasiertem CRC künftig noch rationaler zu gestalten.

Neuer Zweitlinien-Standard beim Leberzellkarzinom?

Die Einführung von Sorafenib zur systemischen Therapie des metastasierten hepatozellulären Karzinoms war der erste Fortschritt bei diesem Krankheitsbild seit Jahrzehnten. Für Patienten, die nach Sorafenib wieder progredient sind, gibt es jetzt eine neue Option mit dem Multikinaseinhibitor Regorafenib, der nach vielversprechenden Phase-II-Daten [2] in der Phase-III-Studie RESORCE in einer 2 : 1-Randomisierung gegen Placebo getestet wurde. Wie Jordi Bruix, Barcelona, in Kopenhagen berichtete [3], hatten die 573 Patienten, die nach Sorafenib progredient und in zufriedenstellender Verfassung gewesen waren (Child-Pugh A, ECOG 1–2), im Verumarm Regorafenib immer drei Wochen lang mit 160 mg/d erhalten, gefolgt jeweils von einer einwöchigen Pause. 

Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben, bei dem der Kinaseinhibitor mit median 10,6 versus 7,8 Monaten si­gnifikant besser abschnitt (HR 0,62; p < 0,001). Beim progressionsfreien Überleben war der relative Vorteil mit median 3,1 versus 1,5 Monaten noch größer (HR 0,46; p < 0,001), ebenso bei der Zeit bis zur Progression mit median 3,2 vs. 1,5 Monaten (HR 44; p < 0,001). Die Ansprechrate war mit 10,6% versus 4,1% mehr als verdoppelt (p = 0,005), die Krankheitskontrollrate (Remissionen plus Krankheitsstabilisierungen) beinahe (65,2% vs. 36,1%; p < 0,001).

Grad-3/4-Nebenwirkungen, die unter Regorafenib häufiger auftraten als unter Placebo, waren ein Hypertonus (15,2% vs. 4,7%), ein Hand-Fuß-Syndrom (12,6% vs. 0,5%), Fatigue (9,1% vs. 4,7%) und Diarrhö (3,2% vs. 0%). Das deckt sich weitgehend mit dem, was über die Toxizität von Regorafenib bereits bekannt ist. Der Multikinaseinhibitor empfiehlt sich Bruix zufolge daher als neuer Standard in der Zweitlinientherapie des hepatozellulären Karzinoms, auch wenn es im Verumarm deutlich mehr Therapieabbrüche gab als im Placeboarm und die Lebensqualität der Patienten unter Regorafenib nicht nennenswert verbessert wurde.

Josef Gulden

Literatur

1. Boeckx N et al. ESMO 2016, Abstract #89P.

2. Bruix J et al. Eur J Cancer 2013; 49: 3412-9.

3. Bruix J et al. ESMO 2016, Abstract #LBA03.